Da Capo, da Capo! So rein, so tugendhaft, so mitreißend: Die Neufassung der J-Bay Open gehört schon jetzt zu den großen Inszenierungen der Moderne.

Seit der französischen Klassik hat kein Regisseur mehr ein Stück derartig stringent in der Tradition der Horaz'schen Epistula ad Pisones auf die Bühne gebracht. Große Gefühle, ein überschaubares Personen-Ensemble und der klassische Aufbau in fünf Akten garantieren Beifall, das wusste schon Aristoteles. Blue Recap J-Bay Open 2015

Doch - das soll hier nicht verschwiegen werden - es waren auch kritische Stimmen zu vernehmen, nachdem der Vorhang fiel: "Langweilig", seien derartig klischeebehaftete Regel-Dramen, schrieb Goethe: "Sie sind Parodien ihrer selbst!" Doch was kümmert uns das Genörgel eines anarchischen Wirrkopfs - konzentrieren wir uns lieber auf die ergreifende Handlung:

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Im 2. Akt: Ritter Parkinson trifft auf den brasilianischen Spion mit Namen Wiggoly Dantas. Foto: Kelly Cestari

Akt 1: Exposition

Brasilianische Barbaren greifen nach der angelsächsischen Krone! Nun ist es an den gestandenen Rittern Slater, Fanning, Parkinson den Thron der Zivilisation zu verteidigen. Das Schlachtfeld ist wie geschaffen, die Tugenden der Kämpfer hervorzubringen.

Akt 2: Komplikation

Ritter Parkinson, der in den ersten Aufeinandertreffen noch das Banner führte, wird hinterrücks von einem brasilianischen Spion mit Namen Wiggoly Dantas gemeuchelt. Schwer ächzt die Armee der Guten unter diesem Verlust, war es doch Parkinson, dem man den Sieg in der finalen Schlacht gegen die wilden Horden am ehesten zutraute.

Akt 3: Peripetie

In heroischen Kämpfen, Mann-gegen-Mann, ringen die Ritter Slater und Fanning ihre technisch überlegenen barbarischen Herausforderer nieder. Schwer gezeichnet, doch frohen Mutes, legen sie die zurückeroberte Standarte Prinzessin Rosy zu Füßen.

Akt 4: Retardation

Rosy, noch zitternd vom Kampfgewirr, will sich ihrem Helden in die Arme schmeißen - doch welcher der beiden Tapferen ist der alleinige Führer? In einer mitleidslosen Fehde zermürbt Fanning den in die Jahre gekommenen Slater, seinen Anspruch auf die Krone zementierend. Doch bevor er Zepter und Reichsapfel in die Höhe stemmen kann, tritt sein Günstling Wilson auf den Plan: Der Jungritter fordert den Mann, der ihn über Jahre protegierte! 

Akt 5: Katharsis

Umringt von den Getreuen beider Lager kommt es zur finalen Schlacht. Wilson führt den ersten Streich, Fanning taumelt. Ist seine Zeit bereits wieder abgelaufen, bevor er den süßen Sieg über die Barbaren auskosten kann? Fällt er unter dem erbarmungslosen Schwert seines Vertrauten? Doch Fanning kämpft sich zurück. Er wendet sein Ross und attackiert, als plötzlich der Erdenschlund sich öffnet und eine Bestie aus den Untiefen der Hölle empor fährt, hunderte Sägezähne gebleckt um des Recken Fleisch zu zerfetzen. Nein, nicht eine - gar zwei Wesen attackieren den Arglosen! Doch da - wer eilt dem Ritter des Lichts zu Hilfe? Es ist Wilson, der abtrünnige Günstling. Unter Tränen kommt er geritten, doch sein Auftrag bleibt unvollendet: Fanning erledigt die  haushohen Ungeheuer selbst, mit den bloßen Händen. 

In Siegerpose kehrt der Veteran heim in den heimatlichen Hafen, den geläuterten Gespielen im Schlepptau. Die jubelnde Menge säumt bereits die Straßen. Und damit der Pöbel im ganzen Reich und darüber hinaus auch weiß, was er zu bejubeln hat, verkünden die Herolde des Königs sogleich den Titel, unter dem man der Schlacht von nun an gedenken soll: 

The Scariest Moment in Competition Surfing History.

Jens Steffenhagen