Surfen in kaltem Wasser ist ja bereits seit einiger Zeit aus der Ecke des Skurrilen raus und fast schon sowas wie Mainstream. Zumindest wird in den einschlägigen Magazinen regelmäßig darüber berichtet und die Zeiten sind vorbei, als man ab Spätherbst in den kalten Gewässern dieser Erde alleine raus paddeln konnte.

Für all die Mädls und Jungs die dickes Gummi lieben und die auch Schnee am Strand nicht davon abhält in winterliche Lineups raus zu paddeln hat der Brite Chris Nelson mit Cold Water Souls DIE Bibel heraus gebracht, die jeder Kaltwasser Surfer im Schrank stehen haben sollte.

Chris berichtet auf 280 Seiten sehr ausführlich über die Surfszene in den frostigen Gefilden an der Westküste der USA, Vancouver Island, Nova Scotia, dem Nordosten der USA, Island, Schottland, Hokkaido und aus seiner Heimat, dem Nordosten Englands. Das Buch enthält eine Menge wunderschöner Bilder und sehr viel Lesestoff (in Englisch). Die Geschichte des Kaltwassersurfens und die Entwicklung der Surf Szenen in den genannten Gegenden wird ausführlich beleuchtet und – wenn man gut genug Englisch kann – spannend und abwechslungsreich lesbar beschrieben.

Für den gemeinen Nordseesurfer sicherlich am interessantesten ist der Teil über den Nordosten Englands. Einmal weil die Bilder im Buch wieder einmal beweisen, dass der Surf Gott ungerecht ist – es reicht eigentlich schon, dass die britischen Inseln die Atlantik Swells von unseren Gestaden fern halten, aber nein, die Ostküste Englands mit ihren vielen Riffen und tief eingeschnittenen Buchten kriegt auch noch Wellen ab, von denen die Holländer, Deutschen und Dänen nur träumen können – aber auch weil gezeigt wird, wie lange dort schon in kaltem Wasser gesurft wird.

Zu kaufen gibt´s das Buch für wenig Geld über diese Webseite.

Unsere drei Ice Blog Finalisten kriegen ihre Cold Water Souls Ausgabe die Tage mit der Post.

Für alle anderen haben wir hier einen kleinen Auszug aus dem Northeast England Teil des Buchs übersetzt und ein paar Bilder zum Anteasern in die Gallerie gepackt. Enjoy!

 

Leseprobe Cold Water Souls, Northeast England:

 

Mitte der Siebziger kam das surfen nach Whitby. Phil Marshall und Andrew Bradley surften während des langen und heißen Sommers des Jahres 1976. Jo Botham hatte auf Ferien in Newquay Skimboarding, Body Boarding und Belly Boarding ausprobiert, aber die Tatsache dass sein älterer Bruder Nick einer der ersten Jungs der Surf Szene war, bedeutete dass er sich sträubte mitzumachen. Aber im Februar 1981 führte Neugier zu ein paar gesurften Weißwasserwellen am Strand von Whitby, im Schatten der James Cook Statue und eine weitere Surfing Seele entstand. Jo´s Taufe war eine weiteres Beispiel des klassischen „ausprobieren – weitermachen – besser werden“ Szenarios, der „drei begierige Jungs teilen sich ein Board, hineingezwängt in schlecht sitzende Neos, der Stoke unterdrückt die beißende Kälte von Wind und Wellen“ Geschichte. „ich erinnere mich wie ich die Argyll Road entlang nach hause ging“ erzählt Jo, „und wie ich plötzlich fest stellte, dass ich irgendwo einen Flip Flop verloren hatte und nicht einmal gemerkt hatte dass er nicht mehr an meinem fuß war. Wir hatten keine Handschuhe oder sonst was. Es war als wären die Beine unterhalb der Knie betäubt worden, Du hast Deine Füße ungefähr vier Stunden lang nach der Session nicht mehr gespürt. Ich hatte ja zumindest einen Wetsuit, auch wenn er zu groß und dazu noch undicht war. Ich glaube Greenie fing mit einer Jeans und einem Rughby Shirt an.“

1985. Im düsteren Schatten der sich auftürmenden Klippen fängt das von der Zeit gezeichnete Riff an, ein spitzwinkliges Dreieck aus versteinerten Sedimenten, das verzweifelt versucht noch etwas Sonnenlicht abzubekommen. Das flache Riff ragt weit hinaus in das braune Wasser, übersät mit Entenmuscheln, sehr unangenehm auf kalten Sohlen. Draußen an der Spitze baut sich eine Welle  auf, wird größer, dunkel und bedrohlich. Dies ist eine mächtige Welle, hohl und kraftvoll. Hier raus zu paddeln heißt den Fehdehandschuh aufzugreifen, einer Herausforderung ins Gesicht zu blicken. Der Point ist eine ernste Angelegenheit. Eine kleine Gruppe von Searchern surft hier seit ein paar Jahren, stellt sich den vertikalen Drops und hohlen Wellen auf Brettern die noch nicht weit genug entwickelt waren um damit einfach rein zu ziehen. Die schräg verlaufende Küstenlinie fängt den Swell an ein paar Spots in dieser Gegend. In der Nähe brechen die Lines mit einer scharfen Kante über dem ausgefransten Riff das weit unter die undurchdringliche braune Oberfläche der Nordsee abtaucht. Sie hatten diesem ungesurften hohlen Biest schon lange zugesehen, wie es in wie mit dem Lineal ausgerichteter Perfektion das Riff entlang raste, eine zylindrische Rennstrecke, fast endlos und da war diese eine Frage, die schon ewig in ihren Köpfen herum spukte. „Glaubst Du man kann das surfen?“ fragte Jo Botham seine Kumpels Greenie und Sedge. An diesem tag beschlossen sie es heraus zu finden. „Dienstag der 16. April, 1985“ meint Jo, zurückgelehnt an die große metallische Fläche in der Familienbäckerei. „Wir hatten zwei Sessions. Ursprünglich wollten wir den Point surfen, aber dann entschieden wir stattdessen diese Welle zu probieren. Ich glaube ich paddelte die erste Welle an und ging Over The Falls. Natürlich wussten wir damals nichts über den besten Take Off Spot und die Welle an sich. Ich bin mir nicht sicher, wer die erste Welle surfte, entweder Greenie oder Sedge. Greenie schrieb Tagebuch in diesem Jahr – zufälligerweise das einzige Jahr in dem er das tat. Wir nannten die Welle „The Cove“ und hatten sie komplett für uns alleine, nur die Whitby Crew, bis zum 27. Oktober im selben Jahr. An dem Tag paddelte die erste nicht zu unserer Crew gehörende Person raus. In Greenie´s Tagebuch stehen zu dem Tag nur zwei Worte: „Cove R.I.P.“

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Übrigens: gewonnen hat den Ice Blog Contest Malte Nitz mit seinem Slush Ice Beitrag. Mit den Neoprensachen von Billabong wird er bestimmt was anfangen können.

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Cold Water Souls by Chris Nelson, rechts kaltes Wasser und kaltes Land in Schottland.