Der vollbeladene Oberkellner bahnt sich gekonnt seinen Weg durch bleischwere Rauchschwaden, vorbei an hippen Künstlern, beherzt nerztragenden alten Damen und weiteren  arrivierten Herrschaften. Kurze Zeit scheint er in den Nebel aus Pfeifenduft, Melange-Aroma und blechern scheppernden Mozart Ouvertüren zu diffundieren. Dann taucht eine kaiserliche Portion Sachertorte aus dem wabernden Dickicht des Cafés auf -  Die beste in Wien. Lazi schwört drauf! Lazi Ruedegger Interview

So schräg dieses Restaurant-gewordene Sammelsurium der Gegensätze auch sein mag, so unverkennbar authentisch ist es. ,,Nicht dieser deppate Touri-Schmarn!‘‘, so der O-Ton. Kein Wunder also, dass es uns hier hin verschlagen hat. Ladislaus ,,Lazi‘‘ Rüdegger fügt sich nahtlos ins Gesamtbild. 
Mit einem nativen Gespür für das Echte. Zu Wasser, wie an Land: Lazi ist unverfälscht – lebt ohne Filter. Das macht ihn zu einem ikonischen Surfer und einem ziemlich interessanten Gesprächspartner.


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Powercarve made in Austria. Foto: Cedric Barros

Servas Lazi, erstmal Glückwunsch zum gelungenen "Windy Winter"-Video. Wie war der Heimaturlaub für dich? 

Grüß di Jan! Danke, danke! Ja ich liebe es Dahoam zu sein:  Familie, Freunde und das Meer… Alles in Allem ist es immer leiwand (Wienerisch für cool) auf Fuerte! Seit ich nach Wien gezogen bin, genieße ich es sogar noch mehr als ohnehin schon – falls das möglich ist. 

Von den Kanaren an den Karlsplatz ist ja ‘ne ziemliche Umstellung. Was bringt dich hier her?

Ich beginne gerade mein neues Semester an der Uni... (Breites Grinsen).  Muss mich echt erst wieder ans urbane Leben gewöhnen (Füllt das Grinsen mit einem halben Kilo Torte).

Dann weißt du ja bestens Bescheid, wie es uns Piefkes (Wienerisch für Deutsche) die meiste Zeit über geht. Wie überlebt man als Trockengelegter? Was sind deine Ablenkungsmanöver?

Ich beschäftige mich überhaupt nicht mit Salzwasser-Sehnsüchten, wenn ich weiß, dass mir ein Semester Flaute bevorsteht. Vielleicht habe ich die Ruhe weg, weil ich am Meer aufgewachsen bin und weiß, dass die Swells auch ohne mich ankommen und es einfach weitergeht, wenn ich wieder da bin. Vielleicht bin ich aber auch ein Zenmeister der Selbstkontrolle…  Aber ganz ohne Brettsport geht’s natürlich nicht. Ich gehe gerne Skaten hier in Wien. Und wenn’s mich nicht zerschießt, habe ich das Gefühl, dass es mich vor allem mental weiterbringt. Ich denke ganz anders über die Räume nach, die sich auf einer Welle bieten. Seitdem ich nicht ständig auf Autopilot im Wasser bin, habe ich mich sogar etwas verbessert – ich erkenne meine Fehler und visualisiere besser, was ich anders machen will.







Sehr weise Meister Rüdegger – war ja nicht anders zu erwarten. Aber noch mal kurz einen Schritt zurück: Es soll ja wirklich noch Leute geben, die dich noch nicht kennen – das ändern wir jetzt. Beschreibe dich in 5 Stichpunkten:

1.  Hübsch
2. Jung
3. Erfolgreich
4. Genial
5. Riesen P… 

Ok, schon gut!! Als nächstes dein Lieblings:

1. Surfer:  Joel Parkison
2. Skater: Flo Erkinger (Local Hero)
3. Claim: No Claim-Claim
4. Surf-Session aller Zeiten: Mit Alain Riou und 2 Freunden an einem Secret Slab mit 8 Foot Barrels.
5. Pokemon: Squirtle

Entweder / Oder! - Tapas oder Sachertorte?  

Tapas, ganz klar (Guckt sich den kümmerlichen Rest der Schoko-Spezialität aus und erdolcht ihn mit der Kuchengabel)

1 Mio Instagram Follower oder Billabong XXL Wipeout of the Year Award?

Wipeot of the year, keine Frage. 

Carissa Moore oder Alana Blanchard?

Haha, also mit Alana kannst mich jagen… kann die überhaupt surfen? Soweit ich das beurteilen kann, gehört der Instagram Account ihrem Arsch… Da ist mehr Bottom als Turn drin. Also ja, 100% Carissa über Alana!

Sylt im 6er Neo oder la Puntilla nackt?

Free ballin’ on the rocks! 

Warmduscher! 3 Monate Mentawai-Boattrip mit deinen Mathe-Lehrern von früher oder 3 Stunden Mathe-Unterricht (Intensiv!) von  Scarlett Johannson?

Auf die Gefahr hin wie der Überstreber zu klingen: Ich hatte einen wirklich coolen Mathe Lehrer, also Mentawai Boat Trip for sure…. Wobei, kann ich Ihn über Bord werfen, wenn er zu nervig wird? 3 Monate binomische Formeln zwischen den Sessions ist selbst für einen Mentawai-Trip eine harte Nuss! 

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Kannst Du, wenn Du auf die folgende Frage ‘ne Antwort hast: Für immer perfect J-Bay… auf ‘nem SUP, oder shitty onshore Gaybay (Punta Gorda) auf deinem Magicboard?

Gaybay with the magic stick. Ich möchte niemandem zu nahe treten, aber SUPen ist für mich das Scooter-Fahren des Wassersports.

Sehr Diplomatisch! Wo wir gerade dabei sind: wer macht deine Bretter?

Clayton Nienaber, (Clayton Surboards Australia) schon seit über 8 Jahren: ZE BEST!

Und was macht ein gutes Brett für dich aus?

Ich muss gestehen, dass ich da weniger involviert bin. Ich hab keine Ahnung was ein Double Concave ist, oder ein Single to Double mit leichtem Vee ,,out the back‘‘ (Australischer Akzent). Ich weiß nicht mal wie viele Liter Volumen meine Bretter haben. Ich weiß aber, dass ich Clayton vertraue – und seinem Durchblick. Seine Bretter nehme ich unter den Arm und fühle direkt, dass das passen wird. 

Ich hab deinen Fuhrpark auf Fuerte ja gesehen. Die Schlitten sind ja schon ziemlich feine Handarbeit. Aber eben auch eher auf Performance, denn auf Langlebigkeit getrimmt. Wie siehst du denn den Umwelt-Aspekt des Shapens und des Surfens? Wird es nicht langsam Zeit auf biologische Schwammerl-Bretter umzusteigen und überall nur noch mit Fahrrad und Ruderboot hinzureisen?

Ja, also grundsätzlich ist der Gedanke der Richtige, nur leider dürfte es schwer werden die Saat solcher Ideen auf dem  mainstream-verseuchten Boden unseres Sports nachhaltig zu pflanzen.  Es geht nur noch um’s Geld. Gerade bei den Sustainability-Heuchlern, die ihre Thailand Sweatshop Klamotten mit Ökoversprechen grünwaschen. Das soll nicht heißen, dass ich den Versuch das Richtige zu tun nicht unterstütze oder würdige, nichts wäre mir lieber als wahrhaftige Nachhaltigkeit. Aber was das angeht bin ich wohl einfach desillusioniert. Recyclete Boardshorts sind ganz nett, werden dann aber doch 3fach in Plastik verpackt, also was soll’s? Wir sind einfach zu bequem. Zu verwöhnt!

Wie sieht also für dich die Zukunft des Surfens aus? WSL Mahagoni Schreibtische mit Schlips und Kragen. Samsung Werbung alle 5 Minuten?  Oder fällt alles irgendwann in sich zusammen und geht zurück zum Ursprung? 

Oida! Das ist eine sehr schwere Frage. Mit einer unschönen Antwort: So wie es jetzt ausschaut, wird alles dem American Football Modell angeglichen. World Surf League? Wirklich?! Mit Nummern auf den Jerseys wie ein blödes Baseball Team. Scheiße ist das! Weißt du, was ich noch weniger  verstehe? Was sich die Contest-Directors bei den Calls denken. Für mich ist es immer noch völlig unverständlich, wie sie vor ein paar Jahren beim Volcom Pro in Fiji das Event nicht haben laufen lassen – bei den besten Wellen, die die Welt je gesehen hat! Nur um 2 Tage später bei 4 Foot Mittelmaß einen Air-Reverse-Off zu veranstalten. ,,Worlds best surfers, worlds best waves.‘‘? So lächerlich! Ich krieg die Krise, wenn ich dran denke! Leider ist das der Trend: Primetime Übertragungszeiten bestimmen die Contest-Zeiten – nicht der Swellforecast. Egal wie viele Leute vor Ort sind oder es sich (auch mitten in der Nacht) am PC anschauen würden. Bei der momentanen Entwicklung kann man echt nur hoffen, dass es irgendwann mal ,,Back to the Roots‘‘ gehen wird.

Wird das Ganze  einfach zu ernst genommen? Wie viel Coolness verträgt das Surfen noch?

Bitte, nicht noch mehr Coolness! Es soll natürlich jeder machen was er will, aber ich hab manchmal echt das Gefühl, dass das Label ,,Surfer‘‘ und alle Accessoires die dazu gehören einigen Leuten wichtiger ist, als überhaupt ein paar Wellen zu nehmen. Wie gesagt, das ,,Post Surfing Selfie‘‘ für Instagram scheint so manchem wichtiger zu sein, als eine schöne Session mit ein paar Freunden zu scoren. Ich bin am Meer aufgewachsen. Mein Vater surft und hat mich immer zum Strand mitgenommen. Ich wollte nie ,,Surfer‘‘ werden. Ich habe einfach gesehen, dass mein Vater immer mit einem Lächeln aus dem Wasser kam. Zu Hause war der Ozean Thema Nr.1. Es hat ihn glücklich gemacht und das wollte ich auch – glücklich sein. Es war der natürliche Schritt auf dem Weg zum Ziel, ihm in die Wellen zu folgen und ihm nachzueifern. Mein Dad war und ist mein Held. Es war mir also nie wichtig mich als ,,Surfer‘‘ zu etablieren. Wenn man mir schon einen Stempel verpassen muss, dann bin ich ein Kind aus dem Meer. Ich fühle mich einfach besser im Wasser – Ganz egal ob beim Surfen, Fischen oder Tauchen.

Wie siehst Du also Deine Rolle in dieser Zukunft? Konkrete Pläne für dieses Jahr? 

Also,  als erstes sollte ich wohl demnächst mal anfangen zu lernen – Eine Geschichtsprüfung nach der anderen demnächst! Als Belohnung winken mir 3 Monate Easy-Living Sommersemesterferien: Ende Juni als Warm-Up in Fuerte das Leben genießen und im August dann hoffentlich nach J-Bay auf einen Clip-Trip mit meinem Filmer Tim (Borrow) und zum Abschluss nach Frankreich (Deinen Geburstag in Hossegor feiern, vielleicht?) Aber das hängt natürlich auch von den Sponsoren ab. So oder so ist das Credo wie immer: Wasting good times, having good times!

Dann kriegst du hier und jetzt schon mal einen gratis Trip mit der BLUE-Zeitmaschine. Wo geht’s hin und warum?

Yes! Time Machine!! Also, als aller erstes würde ich mit meinem Dad die Konzert-Tour schlechthin starten: Led Zeppelin, Hendrix, Deep Purple und dann Black Sabbath! Falls ich das überstehe, wäre noch ein Trip nach Fuerte vor 30 Jahren drin… Ein paar Regeln aufstellen, die die Scheiß-Hoteliers in ihre Schranken weisen, damit die Natur nicht so ramponiert wird. Natürlich würde ich auch gerne mit Curren alleine Jeffreys surfen – wobei, eigentlich wäre mir noch lieber mit meinem Bruder Nico, meinem Dad und meinem guten (leider verstorbenen) Freund David ,,El Fula‘‘ an einem perfekten Beachbreak bis zum Gehtnichtmehr surfen, danach den Lagerfeuerfang aus dem Wasser ziehen und dann leider realisieren, dass es sowas nicht mehr lange auf dieser Welt geben wird.

Damn son, that’s deep! Buen viaje! Any last words, bevor es losgeht? 

Danke an die BLUE für dieses Interview. Und dank Dir Jan, an meine Eltern,  meine Freundin etc. etc. etc. Und letztendlich allen, denen mein Surfen gefällt. Fanpage hab ich (noch) keine, aber auf Facebook bin ich ganz gut erreichbar. Oder natürlich auf Instagram: @rude_lazi (#postsurfselfie). Peace out, enjoy and don’t take life too seriously!

Interview von Jan Blaffert