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"It's not ok" titelt ein Video von Kelly Slater, das Anfang diesen Jahres über alle Kanäle ging und von der Surfcommunity weltweit geshared wurde. In seiner persönlichen Video-Nachricht an die Welt prangert Kelly nicht nur die Plastikvermüllung der Meere an: Als er vor einigen Jahren in Malibu surfen war, wurden er krank - sowie sechs andere Surfer, die an diesem Tag mit ihm im Wasser waren, erzählt er im Video. Die Ursache: Der Surfsport war mit Abwasser verunreinigt.

Doch nicht nur in Malibu, vielerorts weltweit wird ungeklärtes Abwasser direkt ins Meer geleitet: eine echte Gesundheitsgefahr gerade für Surfer. Denn im Vergleich zu anderen Badegästen verbringen sie besonders viel Zeit im Wasser. Wie die britische Wissenschaftlerin Anne Leonard von der University of Exeter herausgefunden hat, schluckt ein Surfer rund 170 Milliliter Meerwasser pro Surfsession. Durchfallerkrankungen, Augen- und Ohrinfektionen oder Hautausschläge seien häufige Folgen von Abwasserverunreinigungen, so die Forscherin.

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Teneriffa Local Yurena vor ihrem Homespot.

„Das Wasser an unserem Surfspot stinkt oft nach Gulli“, sagt Yurena Fdez Baso vom Surf Club Ibate in Garachico, ein Dorf im Norden Teneriffas. Die Kanarierin geht an solchen Tagen gar nicht erst ins Wasser, selbst wenn der Swell gut ist. Das ist ihr einfach zu riskant. Eine Freundin hätte sich beim Surfen am Strand von Garachico einmal den Spulwurm eingefangen, ein Parasit, dessen Eier über Fäkalien in die Umwelt gelangen, erzählt Yurena.

Gerade auf den Kanarischen Inseln nimmt die Verschmutzung der Strände durch Abwasser gravierende Ausmaße an. Allein auf Teneriffa fließen täglich 57 Millionen Liter Abwasser ungeklärt ins Meer. Nur 2,3 Millionen Liter und damit 4 % des Abwassers würde von Kläranlagen auf der Insel aufbereitet, kritisiert der kanarische Politiker, Fernando Sabaté, der Partei Podemos (Quelle: eldiario.es). Er bezieht sich dabei nach eigenen Angaben auf Zahlen der kanarischen Regierung.


Abwasserkanal Klranlage Garachico

Der Abwasserkanal der Kläranlage Garachico auf Teneriffa.

„Den meisten Kläranlagen auf der Insel fehlt es an Kapazitäten“, sagt Yurena. Die Installationen seien völlig veraltet. Tag ein Tag aus leite die Kläranlage von Garachico und seinem Nachbarort Los Silos deshalb an ihrem Surfspot ungeklärtes Abwasser über einen Kanalausgang am Strand direkt ins Meer.

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Gemeinsam mit der Bürger-Initiative „Vecinos de los Silos“ trifft sich der Surf Club Ibate regelmäßig, um die Situation zu besprechen. „Die Gemeinde hat bereits zugestimmt, dass die Kläranlage erneuert werden soll“, sagt Enrique Abad von der Bürgerinitiative. Doch der Prozess zieht sich in die Länge. Der Kanarier befürchtet, dass die Regierung nicht die beste Lösung suchen wird, sondern vielmehr persönliche Beziehungen der Politiker darüber entscheiden, welches Unternehmen mit dem Neubau der Kläranlage beauftragt wird.

 FacebookBild Daniel Bruch

Daniel Bruch schlägt auf Facebook Alarm. Verseuchtes Wasser in Las Americas.

„Im Süden der Insel ist die Situation noch schlimmer“, sagt Yurena. Berichte von Surfern, die am Strand von Las Américas surfen waren und danach an Hautausschlägen oder Durchfall leiden, häufen sich. Auch den Pro-Windsurfer Daniel Bruch hat es Anfang diesen Jahres erwischt. Wie er auf seinem Blog in Facebook schreibt, roch das Wasser von Las Américas an diesem Tag mal wieder nach Fäkalien. Am Abend nach der Surfsession fing sein ganzer Körper zu jucken an. Die Nacht endete im Krankenhaus, wo sie ihn mit Spritzen gegen den Hautausschlag behandelten. Das Foto seines Facebook-Posts zeigt einen stark geröteten und von Pusteln übersäten Arm. Andere Surfer kommentieren: Sie hätten ganz ähnliche Erfahrungen an diesem Strand gemacht.

„Der Norden ist weniger touristisch als der Süden. Deshalb kommen gerade im Süden der Insel die veralteten Kläranlagensysteme auf Teneriffa mit dem Ansturm der Touristen nicht mehr klar“, sagt Yurena. Anstatt Kläranlagen zu bauen, würden dort immer mehr Hotels aus dem Boden gestampft.

Die Einwohner der Kanarischen Inseln wollen jetzt mit einer Unterschriftensammlung Druck auf die Regierung machen. „Wir wollen eine funktionierende Abwasseraufbereitung – und zwar jetzt“, heißt es in der Petition

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Editors Note: Die Autorin des Artikels, Inka Reichert, ist Regisseurin des preisgekrönten Dokumentarfilms White Waves.

Bereits für ihren Film über Surfer, die für ein sauberes Meer kämpfen, hat sie sich intensiv mit dem weltweiten Problem der Abwasserüberläufe beschäftigt.

Mehr Infos zu White Waves und den ganzen Film zum Download gibt's auf: www.whitewaves.eu