Interview Patagonia Wetsuits Gabe Davies

Patagonia träumt von einer Welt, in der High-End Neoprenanzüge aus dem Boden sprießen, nachhaltig geerntet werden und vor Allem gänzlich ohne Neopren auskommen. Einer Welt in der deine Boardbags, dein Kofferraum nach der Wintersurf-Session nach Eukalyptus duften und dein Öko-Anzug trotzdem wärmer, langlebiger und flexibler ist, als die traditionell stinkigen Chemo-Neos. Ganz so weit sind sie noch nicht, doch seit unserem Gespräch mit Patagonias Billy Smith vor 2 Jahren hat sich in Sachen Öko-Wetsuits einiges getan. 

Euro Surf-Manager Gabe Davies steht im Blue-Interview Rede und Antwort über die grüne Zukunft der Wetsuit-Industrie und Patagonias angekündigte Weltneuheit. 

Moin Gabe, legen wir direkt los: Laut eigenen Angaben spezialisiert sich die Firma Yulex auf "landwirtschafts-basierte, allergiefreundliche Latex-Biomaterialien". Wie habt ihr diesen doch eher ungleichen Partner ins Boot geholt und wie lief die Zusammenarbeit bisher?

Wir arbeiten inzwischen seit sage und schreibe 10 Jahren mit Yulex zusammen und ich würde sagen, dass es für beide Parteien ein unglaublicher Lernprozess war. Yulex stellt Biomaterialien für alle möglichen Industrien her, aber unsere Vision eines widerstandsfähigen, flexiblen Rohmaterials für die nachhaltigere Herstellung umweltfreundlicherer Wetsuits hat sie wirklich begeistert, sodass wir in ihnen einen tatkräftigen und motivierten Partner für unser Projekt gefunden haben. Die für Herbst 2016 geplante Wetsuit-Reihe wird bereits unsere vierte Generation und gleichzeitig noch mal ein riesen Schritt nach vorne werden. Dass wir nun in der finalen Phase sind und unseren gemeinsamen Traum nächstes Jahr tatsächlich verwirklichen, macht mich unglaublich stolz!

Zu Recht! Um den heutigen Ansprüchen gerecht zu werden, müssen  High-End Wetsuits ja den perfekten Mix aus Flexibilität, Wärme und Langlebigkeit bieten. Was macht eure neue, auf der Guayule-Pflanze basierende Substanz, zur perfekten Zutat?

Da hast du wohl Recht. Wetsuits werden heutzutage an sehr hohen Standards gemessen. Mir persönlich geht es aber gehörig gegen den Strich, dass Neoprenanzüge als solche nicht recyclebar sind. Wenn mich also Surfschulen kontaktieren und fragen, was sie mit 70 alten, müffelnden Neos anstellen sollen... was soll ich da antworten? Die Wahrheit ist, dass all deine alten Neos  auf der Mülldeponie landen und da weiterhin nutzlos vor sich hin müffeln. Hinzu kommt, dass die flexibelsten Anzüge am schnellsten draufgehen. Bei der globalen Massenproduktion muss man sich also auch immer das Ende des Zyklus vor Augen führen: Tonnenweise unverwertbarer Restmüll. 

Unsere Antwort darauf ist die möglichst nachhaltige Herstellung unserer widerstandsfähigsten Wetsuits. Dabei liegt unser Fokus einerseits auf umweltfreundlicheren Rohmaterialien (Yulex) und andererseits auf der Optimierung des Produktionsprozesses. Die Reduzierung der Abhängigkeit von Petro-Chemikalien und Kalkstein, der Basis aller konventionellen Neoprenanzüge, ist der erste wichtige Schritt in die richtige Richtung. Und hier kommen die angesprochene Substanz-Verbindung ins Spiel: Die Guayule Pflanze und die Hevea Gummi-Pflanze haben alle nötigen Eigenschaften eines Grundstoffes moderner Wetsuits. Vor Allem aber sind es regenerative Rohstoffe, welche die CO2-Emissionen der Produktionskette um ca. 70% reduzieren können.

Jetzt habt ihr gerade die neue Reihe für Herbst 2016 angekündigt – komplett neoprenfrei!! Eine für Surfer nicht ganz unwichtige Frage: Wie fühlt sich die weiße Weste an? Musstet ihr zugunsten des reinen Gewissens eventuell Kompromisse in Sachen Tragekomfort eingehen?

Wenn ich dir jetzt einen der angekündigten Suits zum Testen gäbe, würdest du keinen Unterschied zu deinen Standardneos merken. Performance-technisch sind wir da voll auf der Höhe. Der einzige kleine Haken ist, dass die Weste (noch!) nicht komplett weiß ist, da wir immer noch einen geringen Chemikalien-Anteil benötigen, um das Schaumstoff-Füllmaterial zu produzieren. Dieses ist essentiell für die Beständigkeit und Flexibilität der Materialverbindung. Auch hier arbeiten wir natürlich dran, diesen Bestandteil Schritt für Schritt zu eliminieren.

Wer durfte denn bisher als Testpilot herhalten und wie ist das Feedback soweit?

Wir haben eine ganze ,,Field-Testing Division‘‘ in Ventura Kalifornien und ein Research & Development Department – Codename ,,The Forge‘‘. Zusammen schmieden sie das Feedback all unserer Core-Produkte vom Surfen, über‘s Fliegenfischen bis zum Bergsteigen. Unsere Teamrider kommen aus dem Wasser quasi direkt ins Labor, wo die Forge-Crew die Rückmeldungen direkt umsetzt. So sind die modifizierten Suits wieder im Wasser, sobald der Kleber getrocknet ist und dann geht das Ganze von vorne los. Wir sammeln also sämtliche Informationen und lassen relevante Anpassungen direkt in den Produktionsprozess einfließen. Unsere Patagonia-Ambassadors sind allesamt Weltenbummler und kriegen von uns immer die aktuellen Prototypen mit auf ihre Reisen. Und Feedback von Leuten wie den Malloy-Brüdern oder Patch Wilson, der in Irland überwintert, ist natürlich Gold wert. Apropos: Ich war vor kurzem mit einem R2-Protoyp in irischen Gewässern unterwegs und mir war schön warm. Bin mir also sicher, dass wir da etwas sehr feines am Start haben!

Auf die aktuelle Yulex-Reihe trifft klein und fein wohl ganz gut zu. Wie viele Modelle plant ihr denn für Herbst 2016? Wir brauchen schließlich ordentlich Gummi, um durch den nordischen Winter zu kommen.

Wir vergrößern unser Yulex-Sortiment von aktuell zwei Anzügen auf die volle Breite unseres Angebots. Das sind 20 Suits in verschiedenen Varianten, für Männer, Frauen und nun auch für Kids. Außerdem haben wir (extra für euch ;) ) den R5 für arktische Temperaturen entwickelt und am anderen Ende einen schön leichten Sommer-Suit. Wir haben also das komplette Spektrum abgedeckt. Ganz sicher!

Klingt gut! Kannst du uns schon näheres zum Release-Termin in Deutschland verraten – und am besten gleich auch zum Preis?

Gegen Ende der Sommersaison 2016 ist es soweit – Wenn bei euch die Nordsee abkühlt, haben wir also genau das Richtige. Preislich ändert sich nichts zu unseren regulären Wetsuits. Getreu unserer Philosophie stellen wir nur die bestmöglichen Anzüge her, alles andere würde Einschnitte in der Qualität oder der Produktion bedeuten.

Man merkt euch an, dass ihr voraus denkt. Die neuen Suits sind wohl erst der Anfang. Kannst du uns zum Schluss einen kurzen Einblick in den Masterplan geben?

,,We’ve got the best weed in town – and we’re giving it away‘‘. Klingt erstmal ganz lustig, aber wir meinen das wörtlich! Von Beginn an haben wir den Rest der Industrie ermutigt ebenfalls mit Yulex zusammen zu arbeiten, um letztendlich das Produktions-Volumen an Rohmaterialien zu vergrößern und somit die Herstellungspreise zu senken. Wir teilen unsere Informationen gerne mit der Konkurrenz, in der Hoffnung die Produktionskette zusammen nachhaltiger gestalten zu können. Wir haben den ersten Schritt gemacht und wollen damit ganz konkret motivieren. Denn der Konsument hat nun endlich eine Alternative zu den herkömmlichen Neos. Bio-Gummi ist momentan die beste und sogar einzige Option diese Produkte umweltfreundlicher zu gestalten. Wir ruhen uns natürlich nicht auf unseren Lorbeeren aus, aber die Fortschritte können sich trotzdem sehen lassen: Um 70% reduzierte CO2-Emissionen in der Produktion, FSC zertifiziertes Saatgut, ausschließlich recycleter Wasserversorgung beim Anbau und der Umstieg auf wiederaufbereitetes Polyester für unser Quick-Dry Innenfutter, um einige zu nennen. 

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Sauber! Besten Dank für’s Interview Gabe.

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English Version 

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My research tells me Yulex mainly produces "agricultural-based latex allergy friendly biomaterials". How did you first connect with them and how has your partnership been like so far?

We have been working with Yulex for 10 years and it has been an incredible learning process for both parties. Yulex makes biorubber for all types of industries and products, but our requirement for durable, flexible source material to help produce more environmentally friendly wetsuits was also one project that Yulex was excited to help bring to market. The suits we will see coming in Fall 2016 will be our 4th generation suit and they take another massive step forward. Going 100% neoprene free is something we have been aiming for a very long time. I am very proud to announce here in Europe, what both the Yulex Corp and our Wetsuits and Surf division have all managed to pull together to achieve.  

There are many different properties of modern day wetsuits, that need to be just right, since we're all pretty spoiled by now. Developing this new product, what makes this guayule-based substance such a natural fit for your wetsuits?

You’re right, wetsuits can now be made at an incredibly high standard. The biggest issue I personally have, is that wetsuits are not recyclable, so for every surfer who has old wetsuits in their garages, or surf schools that have contacted me asking what to do with 75 old smelly wetsuits… there is no answer, all these old wetsuits produced in massive numbers around the globe, will all eventually go into landfill waste. Unfortunately the most flexible wetsuits are also going to lose their thermal efficiency and shape the fastest. So, the only solution we can work with right now, and I know it’s not perfect, but it’s the best option is to make the longest lasting wetsuits, which still perform to the highest levels, using the highest % of sustainably resourced bio rubber. Cutting reliance on Petro chemical or Limestone, which is the basis of all neoprene is the first big step forward. Using as much plant based bio rubbers as possible, whether it comes from the Guayule plant (low, water low CO2, no pesticides) or Hevea rubber plant (FSC certified) means at least the source material is renewable and CO2 reductions in the process can be a huge 70+% saving.

You've just announced the new range for fall 2016, eliminating neoprene completely. How do these suits compare to the "regular" suits on the market? Any drawbacks for the clear conscience? 

If I gave you a wetsuit from the fall 2016 line (or any of our existing Yulex suit for that matter) and you were to surf in it, or hold it against any other suit, you would not be able to tell any difference in performance. The only drawback, as with all traditional neoprene, we still need to use a certain % of chemicals to create the foam filler compounds, which are ingredients that help bring the strength, consistency, flexibility and bonding to the foam within the wetsuit linings. Piece by piece we will try and clean this up.   

I'm sure you've been through extensive R&D phases with these suits. Who's tested them so far and what has the feedback been like? 

We have a Field Testing department in Ventura and the R&D department called The Forge, together they feedback knowledge from all aspect of our core products (Surf, Fly Fishing, Alpine and Outdoor). After seeing how they perform out in the field, The Forge crew and wetsuit team can make tweaks in house and get the samples back out in the water once the glue has dried! We literally get all this information and combine the most relevant pieces into our products. Our ambassadors travel globally and always have proto types with them, be that the USA crew like the Malloys or the Euro guys like Patch Wilson who winters over in Ireland. I was just over in Ireland in November and wore an R2 sample I had with me and was happily toasty, so I’m sure we have them nailed.

How many models are planned for the range? We need the thickest suits possible for our winter season.

We will increase our range of YULEX from 2 suits in 2015, to all 20 of our full suits in 2016, that includes our M’s, W’s and new kids suits.  We have also expanded the temperature rating to adding a colder water R5 and a new lighter summer suit, so I am confident we have every possible water user covered.

When can we expect the debut on the European market and at what price point?

The suits will be landing towards the end of the summer 2016 in time for the winter season, and price point will be similar to our regular suits. We only make the best possible suits we can, and so we don’t have an intermediate or lower entry product at lower price points, because that would only come by cutting corners in quality or production. 

And lastly of course, how much does this reduce the footprint and impact of a traditional neoprene suit and are they ecologically certified?

We have always encourage the rest of the industry to come on board with Yulex in the hope that we can increase volume of raw materials and in doing so reduce the costs involved. We have had an open policy about sharing information with the industry as a whole, hoping that together we can all make a positive step to clean up our act. The end consumer has the final decision, and now has an alternative option to choose what goes into their wetsuit. Bio-rubbers are the best and only way forward right now, I know we will still keep pushing for better and cleaner products. Right now moving our production and sourcing to this process will reduce CO2 by at least 70+%. Crops used require ambient rainfall are FSC / Rainforest certified and recycled water supply is used in the manufacturing. Our quick dry linings will also use the highest possible recycled polyester content, reducing the use of virgin polyester wherever possible.

Great, thank for the interview Gabe!