Wir haben die Vorhersage schon seit einer Weile auf dem Kieker. Nach den üblichen 5/6sek Onshore-Hack steht auf einmal eine rot-umrandete 16 dazwischen – aus Südost! Wattenmeer Hallig Hooge Slab

Prolog: MS Unsinkbar II

Der erste Gedanke ist, dass Windguru sich mal wieder einen grausamen Scherz erlaubt. Schnell recherchiert und ungläubig die Augen gerieben, als ähnliche Zahlen bei Magicseaweed und Windfinder über den Bildschirm flimmern: 16sek Groundswell bei einer leichten, ablandigen Brise – Wellenhöhe 4ft, Ursprung Südost!?

Niemals-nie-nicht! Oder doch?

Google zeigt sich ratlos, also schlage ich mir einen Nachmittag im Sylter Marine-Archiv um die Ohren. Im Logbuch eines Krabbenkutters dann folgende Passage: ,,01. April, 1964: Die MS Unsinkbar II setzte gegen 11:45 Uhr den ersten Notruf ab: Enormer Wellengang über flachem Muschelriff zwischen Hallig Hooge und Nordmarsch-Langeneß : 54.61° Nord / 8.58° Ost.‘‘

Ich überfliege den nüchternen Bericht über den gekenterten Kahn wieder und wieder. Ein Slab im Watt? Mit Koordinaten und Augenzeugenbericht?

Egal wie unwahrscheinlich - Was für ein Surfjournalist lässt so eine Jahrhundertchance schon links liegen?

Auf Lügen kann man keinen Kohl kochen

Freitagmorgen, 5 Uhr. Im Halbschlaf wage ich einen Blick auf die BSH-Boje: 4 Fuß, 18sek. Achtzehn!? Mit frischer Hoffnung und dem 6‘3 Step-Up im Gepäck geht’s in Richtung Hörnumer Hafen, wo die Gret Palucca schon auf uns wartet. Lagebesprechung mit Käpt’n Christiansen.

,,So Männers, bevor dat los geht, ein kurzer Schnack zum heutigen Törn. Was sich da auf dem Watt über die letzten Tage angeblich (!) zusammengebraut hat, ist in der friesischen Mythologie als Hallig-Hammer bekannt. Ja nu – euch wird das Lachen schon noch vergehen! In meinen 51 Jahren auf See hab‘ ich so ‘ne Wetterlage nicht einmal miterlebt. Und ich sag’s mal so: Üüb länjen igt hain nian dual köge.‘‘ Mit dem Blick auf mich: ,,Für unsere Gäste noch mal übersetzt: Auf Lügen kann man keinen Kohl kochen…‘‘

Andro und Marc gucken mich schräg an. Ich werde nervös. So ein Filmteam ist nicht günstig. Und ich habe alles auf diese Karte gesetzt: Sogar Lazi Ruedegger ist aus Fuerte eingeflogen. Ich schiele zu ihm rüber, während wir Kurs auf die Halligen nehmen. Zuversicht sieht anders aus. Gedanklich gehe ich schon mal den Fluchtplan durch, sollte ich der Blue-Chefredaktion mit leeren Händen gegenübertreten müssen.

Watt ‘ne Welle!

Wir schippern gemächlich durch das spiegelglatte Wattenmeer. Gefangen im Raum-Zeit-Kontinuum eines lahmen Ausflugdampfers und die Boje preist weiterhin feinsten Groundswell an. Die Warterei ist unerträglich.

Eine halbe Ewigkeit später passieren wir steuerbord Pellworm und docken an. Bei Ebbe wagt sich kein Schiff in diese flachen Gewässer, also steigen wir auf einen Trecker um, der sich mühsam durch den Schlick ackert.

Dann stehen wir da: Zwei slowenische Filmer, ein kanarischer Pro, ein norddeutscher Schreiberling und ein friesischer Treckerfahrer. Vom Podest der vorgelagerten Sandbank haben wir beste Sicht auf die Szenerie.

… Und können trotzdem nicht fassen, was sich da vor unseren Augen abspielt:
In unregelmäßigen Abständen detonieren schokoladenbraune, überkopfhohe Barrels auf dem flachen Riff. Ungläubig beobachten wir ein Set nach dem anderen. Lazi löst sich als erstes aus der Schockstarre und zwängt sich in Rekordtempo in den dicken Neo.

Für die darauffolgende Session fehlen mir die Worte!

Da ich prinzipiell nur mit Kodak-Einwegkameras fotografiere und Rossmann für die Entwicklung immer ewig braucht, müsst ihr euch erstmal mit den selbstentwickelten Schwarzweiß-Bildern zufrieden geben. Andro und Marc arbeiten aber mit Hochdruck am Feature-Film - Demnächst als Extraausgabe Galileo ,,Wunderwelt Wissen‘‘. 

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Stay tuned! 

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Freitagmorgen. Viel zu früh. Auf ins Ungewisse!