Als wir die Stories für das BLUE Yearbook 2013 planten, fragten wir uns, welcher Surfer der letzten Jahrzehnte eigentlich den größten Einfluss hatte und die bedeutendsten Spuren in der Surfwelt hinterlässt. Natürlich gab es einige Anwärter auf diese Rubrik. Wir diskutierten wochenlang und schmissen immer neue Namen in den Ring. Es sollte jemand sein, der das Surfen sowohl kulturell als auch technisch voran gebracht hat. Jemand, der über jeden Zweifel erhaben ist. Kein Typ, der von seinem Image lebt, sondern einer, der die Szene immer weiter bereichert. Die Auslese wurde strenger, das Sieb immer feinmaschiger. Bis wir nur noch einen Namen übrig hatten: George Greenough - The worlds most influential surfer

 

Greenough verdanken wir:

1. Das Shortboard und die Idee, wie man es zu surfen hat.  Greenough war ein sehr guter Stand-Up Surfer während seiner Jugend in den 50ern und 60ern im kalifornischen Santa Barbara. Da er sich dem Wasser und den Barrels noch näher fühlen wollte, entwickelte er Mitte der 60er Jahre eigene Kneeboards und aufblasbare Surf-Mats, die er wie kein anderer beherrschte. Seine Kneeboard-Lines (Off the Bottom, off the Top, im Gegensatz zum damals üblichen Loggen) öffneten der Surfwelt die Augen, welche radikalen Turns auf einem Brett möglich sind – wenn es denn kurz genug ist. Also kopierten die Australier Nat Young und Bob McTavish, berühmt geworden als Speerspitze der Shortboard-Revolution, seine Shapes und das ‚Vee’-Bottom für ihre Shortboards, um so zu surfen wie Greenough. 1968 erklärte McTavish: „George Greenough ist der beste Surfer der Welt!“

 

2. Die moderne Finne. Greenough entwickelte Mitte der 60er die Tuna-Fin – eine radikale Abkehr von den damals üblichen Riesen-Finnen. Greenough studierte die Effektivität und den Strömungsabriss bei den Flossen von Thunfischen. Es entstand ein scharf aussehendes Modell mit schmaler Base, extremem Rake und einer eng zulaufenden Spitze für mehr Schnelligkeit und härtere Turns – so wie Finnen heute noch gebaut werden. Nat Young wurde 1966 mit einer Tuna-Finne überlegen Weltmeister und widmete seinen Titel George Greenough.

 

3. Die Wasser-Foto- und Videografie. Greenough wurde 1966 mit einem Wasserfoto auch außerhalb der Surfwelt berühmt, das den Australier Russell Hughes in der Tube zeigte. Hierzu hatte Greenough sich ein Gehäuse aus Glasfaser gebaut. Zwei Jahre später schuf er den Film „The Innermost Limits of Pure Fun“, für den er einen 15 Kilo schweren, wasserdichten Kamerarucksack entwickelte, um während seiner Tuberides auf dem Kneeboard und der Mat in der Barrel drehen zu können – 40 Jahre vor der GoPro. Die Aufnahmen waren eine Sensation, solche Bilder hatte man nie zuvor gesehen. In seinem Folgewerk „Echoes“ (1972) und Albie Falzons Greenough-Porträt „Christal Voyager“ (1973) wird die Technik noch verfeinert. Die Sequenzen gelten auch heute noch als die faszinierendsten und hypnotisierendsten Barrel-Shots aller Zeiten und als Vorbild für eine Reihe zeitgenössischer Filmemacher.

 

4. Die Erforschung gefährlicher Hai-Arten. Greenough führt Tagebuch über alle Hai-Begegnungen, die ihm surfend, segelnd oder tauchend widerfahren. Seine präzisen Beschreibungen der Umstände der Begegnungen und des Verhaltens der Tiere wurden mehrfach veröffentlicht.

 

5. Das Rescue-Boat für Lifeguards. Im Sommer 2005 entwarf Greenough das ‚Rapid Response Rescue Boat’. Dieser Hybrid aus einem Jet-Ski und einem kleinen Motorboot ist wie kein anderes Modell geeignet, schiffbrüchige Personen mit minimalstem Aufwand an Bord zu holen und kann daher von einem Lifeguard einhändig bedient werden. Greenoughs Design wird seitdem von der australischen Küstenwache eingesetzt.

 

Greenough ist ein Visionär. Jemand, der für den DIY-Gedanken steht, wie kein anderer Surfer. Er lebt in der Nähe von Lennox Heads in New South Wales, seit er mit einer selbstgebauten Yacht Anfang der 70er aus der kalifornischen Heimat über den Pazifik dorthin segelte. George ist bis heute ein fanatischer Surfer – auf Vehikeln, die garantiert nicht in Mode sind: George surft eine Mat, ein Kneeboard oder seine selbstgebauten Big Wave Boards mit einlaminiertem Windsurf-Rig.

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Nur: Wie kommt man ran an diesen Freak, der die moderne Medienwelt mit ihren künstlich gezüchteten Stars nicht nur verachtet, sondern gar nicht erst beachtet? Mir fiel ein, dass mein australischer Freund Steve genau wie George in Lennox lebt und gelegentlich mit Greenough angeln geht. Das könnte der Kontaktmann sein. Ich bat Steve, eine erste Anfrage für ein Interview mündlich vorzubringen. Tage später die Antwort: „George hat keinen Computer, daher auch keine Email-Adresse. Er redet nicht gerne über die Vergangenheit, sondern lieber über die Zukunft und ist extrem fotoscheu. Er ist aber bereit, eine Kurzgeschichte über eine verrückte Session, die er vor kurzem erlebte, zu schreiben. Seine Bedingung: Sie muss Wort für Wort übersetzt werden, keine Kürzungen, keine Umformulierungen. Ist das was für euch?“

 

Wer sind wir, so ein Angebot abzulehnen? Kurze Zeit später erreichten uns fünf gescannte Schreibmaschinenseiten. Darauf: eine Story von George Greenough, die mehr über den Mann sagt, als tausend Worte - zu finden im BLUE Yearbook 2013, das du hier bestellen kannst.

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George Greenough 1970 mit seiner wichtigsten Erfindung: Der Tuna Fin - noch heute die beliebteste Longboardfinne. Foto: John Witzig