Text: Katalina Farkas

Für Kimi Werner markiert der Übergang zwischen Land und Wasser nicht das Ende, sondern das Tor zu einer anderen Welt. 

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// Das Video-Portrait von Kimi tourt auf der Surf Film Nacht ab dieser Woche durch die besten Kinos in Nord-Europa. Alle Termine der Bunker77 Tour findet ihr hier. //

Kimi Werner ist Speerfischerin und Apnoetaucherin. Sie ist Köchin, Jägerin und Künstlerin – an der Leinwand und im Leben. Sie fängt Fische mit dem Speer, taucht ohne Ausrüstung mehrere Dutzend Meter tief und kann knapp fünf Minuten die Luft anhalten. Sie erlegt Tintenfische mit einem Biss und verteidigt ihre Beute gegen Haie. Vor allem aber tut Kimi Werner, was sie liebt, und schert sich nicht darum, ob sie damit die Erwartungen anderer erfüllt.

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Die Hawaiianerin gehört zu den besten Speerfischerinnen der Welt – außer Dienst. Sie hat die US-amerikanischen Meisterschaften und internationale Wettbewerbe gewonnen, dicke Fische ebenso wie Sponsorenverträge an Land gezogen, ist in allen Weltmeeren gegen Konkurrenten angetreten, hat einen Sieg nach dem nächsten geholt. Und dann hat sie entschieden, es einfach sein zu lassen. Weil ihr der Erfolg zu viel war? Oder weil sie keine Lust mehr hatte, sich sagen zu lassen, was sie zu tun hatte?

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„Nach meinen ersten großen Siegen hat jeder erwartet, dass ich weitermache. Wenn man die ersten Medaillen in den Händen hält, hört man nicht auf. Man muss besser werden, tiefer tauchen, mehr erreichen“, erzählt sie schulterzuckend, fast entschuldigend. Dabei merkt Kimi Werner schnell, dass sich die Siege hohl anfühlen. Vor allem aber beginnt sie, das zu verlieren, was sie am meisten schätzt: die Zufriedenheit, die sich einstellt, wenn sie sich in die Tiefe gleiten lässt. Das Gefühl, unter Wasser zu schweben, den Druck auf der Haut zu spüren, wenn sie sich vom Abtrieb in die Tiefe ziehen lässt. Die Geräusche des Meeres, den Blick auf die Unterseite der Wasseroberfläche, auf der Sonnenstrahlen tanzen. Der Wettbewerb verzerrt alles. „Es ging nur noch darum, mehr Punkte zu sammeln als die anderen.“

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„Es hat lange gedauert, bis mir klar geworden ist, dass ich niemals wirklich frei sein werde, wenn ich immer nur das tue, was andere von mir erwarten“, erzählt Kimi Werner, während sie den Tagesfang in der Küche ihres Bungalows ausnimmt und filetiert. „Wir verwenden so viel Zeit darauf, den Träumen anderer hinterherzujagen und Ziele zu verfolgen, die nicht wir selbst, sondern andere für uns gesetzt haben. Ich dachte, ich müsste an Wettbewerben teilnehmen, dachte, ich müsste immer weitere Siege einfahren. Heute weiß ich, dass ich vor allem die Erwartungen anderer erfüllen wollte.“

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Im Garten hantieren ein paar ihrer Freunde bereits am Grill. Sie wollen später gemeinsam essen, jeder hat etwas mitgebracht. Salate, Brot, Avocados, Bananen. Alles stammt aus eigenem Anbau, Importiertes oder Fertiggerichte sind nirgendwo zu sehen. Kimi Werner ist – natürlich – für den Fisch zuständig. Wann immer sie kann, lädt sie ihre Freunde und Bekannte zu sich ein. „Ich liebe es, mein Essen zu teilen. So habe ich es von meinen Eltern gelernt und so will ich es weitergeben.“ Kimi Werner hat sich ihre eigene Idylle geschaffen: fernab von Siegertreppchen und Sponsorenverträgen, umgeben von Freunden und einem kleinen Haus mit einem wilden Garten, nicht weit von ihrer zweiten Heimat entfernt – dem Meer.

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Credits:

James Perrin
Justin Turkowksi