Der Quiksilver Pro Gold Coast war auch 2014 der erste Contest der neuen Saison - doch die Erwartungen an diese Veranstaltung übertrafen in diesem Jahr die übliche Spannung bei weitem. Hier ging es nicht nur darum, in welcher Form die Pro-Surfer aus der Winterpause kommen, sondern vielmehr darum, wie es um die Form der ASP, ja sogar um die Zukunft des Profisurfens bestellt ist.

 

2013 verkündete eine Media-Holding namens ZoSea, dass sie die bis dato Macht- und Geldlose Association of Surfing Professionals (ASP), die lediglich sanktionierende Funktion bei den Events hatte, übernehmen und zur einzigen Kraft im Wetkampf-Surfen ausbauen wollen. Die Brands, die bis dahin die Contests alleine finanziert hatten, sollten fortan lediglich Sponsoren sein, die für eine deutllich geringere Summe als bisher Partner eines Events werden können. Die Vorfinanzierung und die Vermarktung der World Championship Tour, der Frauen World Championship Tour, der Big Wave World Tour und der Junioren Tour sollte von 2014 an die ASP/ ZoSea übernehmen - mit vollem unternehmerischem Risiko. Das ist so, als ob ein Investor die FIFA kauft und fortan EM und WM mit dem Ziel der Gewinnmaximierung betreibt. Nicht dass die FIFA nicht auch auf Gewinn aus ist - doch sie muss sich gegenüber den Landes-Verbänden erklären, wofür diese Gewinne genutzt werden. Dass muss die ASP nicht, eine Förderung der Jugend oder strukturell benachteiligter Verbände ist nicht in Sicht.

 

So viel zum theoretischen Hintergrund. In der Praxis bedeutete diese Übernahme aber erstmal horrende Kosten (ca. 5 Millionen USD pro WCT-Event) und geringe Einnahmen (eine Brand wie Quiksilver zahlt für das Titlesponsoring des Quik Pro ca. 500.000 bis eine Million USD). Erklärtes Ziel der ZoSea Crew war es, einen Titelsponsor der ganzen WCT zu finden, was kürzlich gelang: Die Eliteliga heißt jetzt Samsung Galaxy ASP World Championship Tour. Darüber hinaus stehen auch pay-per-View-Modelle für die Webcasts nach wie vor im Raum, denn geschätzte 50 Millionen USD Kosten für die Worldtour pro Jahr werden kaum allein durch die Sponsoren aufgefangen werden können. 

 

Man durfte also gespannt sein, wie sich der erste Event unter neuer Führung anfühlt, -sieht, -hört. Fazit vorweg: Noch steriler, noch kommerzieller, noch langweiliger, als die Events im letzten Jahr, das ZoSea als "Transition Year" angekündigt hatte, um langsam den neuen Style einzuführen.

 

Dieser bringt uns: 1. Ein durchweg monoton schnatterndes, super-professionelles Kommentatoren-Team, dem man anmerkt, dass die Angst vor dem ersten Fehltritt weit größer ist, als die Lust, sich über Surfen zu unterhalten. 2. Ein holzfarbenes Plastikpult, das an das Heute Journal erinnert und die neue Seriösität verkörpern soll. Von diesem Schreibtisch aus ziehen die Experten Zwischenfazits und besprechen aktuelle Ereignisse, etwa den De Souza/ Flores Vorfall. 3. Eine neue ASP Website, auf der man nun die Webcasts schauen kann, stilistisch schwer einzuordnen (TUI Fly oder Karstadt), aber lebendiger als die frühere.

 

So weit, so gut. Kommen wir zum sportlichen Teil, denn nie war Surfen mehr Sport und weniger Fun, nie der Graben zwischen "recreational Surfer" (du und ich) und "professionel Surfer" tiefer, als in dieser neuen Präsentationsweise. Absurder/ trauriger Weise scheint dies genau das Selbstverständnis der Top 34 zu sein: Profis, die alles für den Erfolg tun und sich karrieregefährdendes Verhalten egal welcher Art niemals verzeihen würden. Bye Bye, extreme Charaktere - welcome, stromlinienförmige Sportskanonen.

Also, der sportliche Teil: Dane war am Start und hat gerippt, schmiss in Round 1 sogar Mick Fanning raus. Der kämpfte sich in Round 2 aber zurück und besiegte Dane postwendend da, wo es wirklich zählt: in Round 3. Ebenfalls früh auf der Strecke blieben Jordy Smith (knappe Sache gegen Tiago Pires) und Julian Wilson (gegen Rookie Mitch Crews). In den Quarters fanden sich schließlich die Big Names: Kelly, Parko, Mick, Taj. Ihnen gegenüber standen drei Brasilianer (Medina, Pupo, De Souza) und ein Rentner (CJ Hobgood rippt, hat aber alle Sponsoren verloren und surft die Tour quasi hobbymäßig). De Souza schlug Kelly überzeugend, nachdem er Jeremy Flores zuvor nur durch eine lächerlich erzwungene Interference besiegen konnte. Parko cruiste ins Halbfinale und machte endgültig klar, dass er der beste Snappers-Surfer aller Zeiten ist. Und Medina schlug in den letzten Sekunden seines Heats Mick Fanning. Das 1. vs 3. Welt-Spiel  setzte sich in den Halbfinals fort: Taj vs Medina (knapper gehts nicht), Parko vs De Souza (deutlicher geht's nicht). Kurzum: Parko hatte es im Finale mit Gabriel Medina zu tun. Regular vs Goofy, endlose Snappers-Erfahrung vs Beachbreak-Gehampel - es schien von vornherein eine klare Angelegenheit zu sein. So sah es dann auch bis zwei Minuten vor Schluss aus, als Medina plötzlich zwei okaye Wellen mit hartnäckigen Backhand-Snaps bearbeitete und tatsächlich die benötigten 16.33 zusammenbekam.

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Kurz vor Sonnenuntergang war es vorbei. Irgendwie ein komisches Ende einer etwas blutarmen Veranstaltung. Parkos Surfen hatte bis zum Schluss Glorie und Erhabenheit verströmt und so immer wieder daran erinnert, warum wir uns das Nachts oder Morgens antun und auch nach dem 1000. Samsung Spot nicht abschalten. Dass nun ein selbst von seinem Sieg überraschter Teenager von einer, brasilianische Nationalflaggen schwenkenden, gröhlenden Horde zum Podium getragen wurde, und sich dort in neu auswendig gelernten Floskeln bei Gott, seinen Gegnern und seinem Tennis-Dad bedankte, dass zog dem Quik Pro endgültig den Stecker. 

 

Auf ein Neues in Margaret River!

 

- Jens Steffenhagen

Quiksilver Pro Recap

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Dane Reynolds rippte in Runde 1. Foto: ASP/ Kirstin Scholtz