Vince Scholz Sylt Open Bluemag

„Thermodynamisch ist diese Reaktion nicht möglich...“, schnappe ich noch auf, bevor ich mein Brett schnappe und mich aus dem Hörsaal schleiche, um den IC von Duisburg nach Sylt noch zu bekommen. Nach einem Monat auf dem Trockenen erwartet mich morgen früh der erste richtige deutsche Surfcontest. Die Sylt Open, eine Symbiose des Surfclub Sylt und dem DWV, bringt nun die Elite aus dem Norden zusammen. Der Forecast verspricht soliden Onshore-Hack. Kann losgehen! 

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Ich steige aus dem Zug. In der Ferne erkenne ich Tim Schubert und neben ihm eine kleinere Person, eingehüllt in dicker Winterjacke. Es ist Arne. Geil! Mein Gedanke, dass das Starterfeld mit den beiden schon extrem stark ist und ich Ruhrpott-Kartoffel hier eigentlich nichts zu suchen habe, verfliegt mit der Willkommens-Umarmung. Ich fahre mit den beiden zu Tim, wo mich ein warmes Essen und eine Couch empfangen.

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„Wo bin ich?“, frage ich mich, als der Wecker um 7 Uhr klingelt... In einer Villa am Strand - und das in Deutschland! Es ist trotzdem zu früh und zu kalt. Wir fahren im Dunkeln zum Brandenburger Strand, wo Tim Surtmann, die Jungs vom DWV und das Inshore-Team die Sache schon ins Rollen bringen. Ich bin überwältigt vom neuen Vereinshaus des Surf Club Sylt direkt auf der Promenade. Drinnen lässt es sich aushalten – ich taue langsam auf und beäuge den Line-Up, eingerahmt von der großen Fensterfront.

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Während wir auf den Sonnenaufgang warten, versuche ich Kommissionär Surtmann zu bestechen, mich in den Club aufzunehmen, aber ich müsste wohl erst nach Sylt ziehen. Mit den ersten Lichtstrahlen erkenne ich Wellen. Alter Schwede! Ich sehe kräftigen Spit und reibe mir den Schlaf aus den Augen. Im Rekordtempo zwänge ich mich in meinen neuen 6mm Wetsuit (Danke Quiksilver :) und eiere wie ein Michelin-Männchen zur Wasserkante.

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Die Warm-Up Session hat den Namen nicht verdient: Ich bereue hierhergekommen zu sein - die Kohle für das Zugticket hätte ich auch gut anderweitig einsetzen können. Mein Surfbrett fühlt sich genauso scheiße an wie mein Brainfreeze. Thermodynamisch ist mein Körper einfach nicht auf die Reaktion von Anstrengung und Kälte vorbereitet. Die familiäre Atmosphäre im Clubhaus wärmt mich dann aber schnell wieder auf. „Gleich geht’s los, insgesamt 4 Runden wird´s geben“, höre ich, als meine Flossen gerade wieder auftauen.

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Mein erster Heat verläuft interessant. Das Board fühlt sich besser an, als im Freesurf, aber ich nehme in den ersten paar Minuten schon sieben Wellen. Ich kann einfach nicht einschätzen, welche Wellen Potential haben und welche nicht. Von Heat zu Heat habe ich meine Planke besser unter Kontrolle, aber meine Arme werden immer schwerer.

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Nach ein paar Stunden sitze ich auch schon im Finale mit drei anderen Shreddern. Max Schulz (Sylter Lokal), Jonas Bronnert und der unschlagbare Arne Bergwinkl. Egal, wie das Finale ausgeht, ich bin überwältigt hier zu sein!

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Am Strand sprechen mich Leute auf Deutsch an, ob ich ein Foto mit ihnen machen könne und fragen wie warm das Wasser sei. Nur deutsche Leute! Bisher habe ich Surfen nur mit Auslandsreisen assoziiert, aber Sylt zeigt mir, wie geil eigentlich richtig deutsches Surfen ist! Für die Party am Abend fehlen mir gerade die Worte – es war gut :)

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Eins steht fest: es war ein absolut geiler Tag! Mit Schnupfen, einer Sehnenentzündung vom Neopren an- und ausziehen und Pokal vom 2. Platz, sitze ich nun im Zug zurück in den Pott.

Danke Tim & Tim. Danke DWV und Danke Sylt!

Cheers & bis bald,

Vince.

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Credits

Text: Vincent Scholz

Fotos: Mirco Lieffertz