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Vor 50 Jahren startete Yvon sein Unternehmen Patagonia und gestern flatterte eine Pressemeldung in unser Postfach, die in der gesamten Sportbranche hohe Wellen schlug. Auch viele Mainstream Medien, großen Tageszeitungen und Wirtschaftsmagazinen veröffentlichten die News: Der 83-jährige Yvon Chouinard schenkt seine Unternehmensanteile an gemeinnützige Stiftungen und will so beim Kampf gegen die Klimakrise helfen.

Wie cool ist das? Ich hatte die Ehre, Yvon einmal im Patagonia-Headquater zu treffen. Das war vor 5 Jahren, als Patagonia die ersten Yulex-Wetsuits auf den Markt brachte und die wichtigsten europäischen Surfmedien einlud, das Product-Team des Surf-Departments besser kennenzulernen. Ich habe viele gute Erinnerungen an diesen Trip. Vom Surfen mit Leuten wie Gabe Davies, Hub Hubbard, Jean-Baptiste Cotte und Jelle Mul bis hin zu inspirierenden Gesprächen mit Produktentwicklern und Designern. Man konnte bei diesen Begegnungen auf dem ganzen Campus spüren welchen großen Stellenwert der Umwelt- und Klimaschutz für die Mitarbeiter in allen Bereichen hat.   

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Patagonia Campus Ventura/ Kalifornien. Foto Kyle Sparks


Hier ist Yvons offener Brief in voller Länge:

Die Erde ist ab sofort unsere einzige Anteilseignerin.

Wenn wir auf einen lebenswerten Planeten hoffen wollen – geschweige denn auf ein prosperierendes Unternehmen – müssen wir mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen alles tun, was wir können.

Ich wollte nie ein Geschäftsmann sein. Alles begann vor vielen Jahren damit, dass ich mit meinen eigenen Händen Kletterausrüstung für meine Freunde und mich herstellte. Dann erst stieg ich in die Bekleidungsbranche ein.

Wir erkannten, wie groß das Ausmaß der globalen Erwärmung und der Umweltzerstörung ist und wir realisierten, welchen Anteil wir mit unserem Geschäft daran hatten.

Das war der Moment, in dem wir uns dazu entschieden, anders zu wirtschaften. Der Gedanke: Wenn es uns gelingen würde, das Richtige zu tun und gleichzeitig genug Geld zu verdienen, um die Rechnungen zu bezahlen und eine positive Wirkung zu haben, dann könnten wir Kunden und andere Unternehmen beeinflussen, und auf diese Weise vielleicht das System verändern.

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Foto: Campbell Brewer

Wir begannen mit unseren Produkten: Wir verwendeten Materialien, die die Umwelt weniger belasten. Wir entschieden, jedes Jahr 1 % unseres Umsatzes zu spenden. Wir wurden eine zertifizierte B Corp und nahmen die Rechtsform einer Benefit Corporation an. Wir verankerten unsere Unternehmenswerte in unserer Unternehmenssatzung, damit sie erhalten bleiben. Vor kurzem, im Jahr 2018, überarbeiteten wir den Unternehmenszweck: Wir sind im Geschäft, um unseren Heimatplaneten zu retten.

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Wir tun zwar unser Bestes, um die Umweltkrise zu bekämpfen, aber das reicht nicht aus. Wir müssen einen Weg finden, mehr Geld in die Bekämpfung der Umweltzerstörung zu stecken und gleichzeitig die Werte des Unternehmens zu bewahren.

Eine Option war es, Patagonia zu verkaufen und das gesamte Geld zu spenden. Aber wir konnten nicht sicher sein, dass ein neuer Eigentümer unsere Werte beibehalten und unsere Mitarbeitenden auf der ganzen Welt weiter beschäftigen würde.

Ein anderer Weg wäre gewesen, an die Börse zu gehen. Das hätte für uns jedoch eine Katastrophe bedeutet. Denn selbst börsennotierte Unternehmen mit guten Absichten stehen zu sehr unter dem Druck, kurzfristige Gewinne auf Kosten der langfristigen Vitalität und Verantwortung zu erzielen.

“Um ehrlich zu sein, es gab keine guten Optionen. Also haben wir unsere eigene entwickelt.”

Anstatt an die Börse zu gehen, könnte man sagen, dass wir werteorientiert handeln. Das derzeitige System basiert darauf, dass Investoren von den Rohstoffen der Natur profitieren. Wir machen es anders: Wir nutzen unsere Mittel, um die natürlichen Rohstoffe – die Quelle allen Reichtums – zu schützen.

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Foto: 180° South

Und so funktioniert es:

100 % der stimmberechtigten Anteile des Unternehmens gehen an den Patagonia Purpose Trust. Dessen Boardmitglieder setzen sich für den Schutz der Unternehmenswerte von Patagonia ein: Wir sind im Geschäft, um unseren Heimatplaneten zu retten. 100 % der nicht stimmberechtigten Anteile gehen an das Holdfast Collective, eine gemeinnützige Organisation, die sich dafür einsetzt, die Umwelt- und Klimakrise zu bekämpfen und die Natur zu schützen. Die Mittel dafür kommen von Patagonia: Jedes Jahr wird der gesamte Gewinn – das Geld, das wir über die Reinvestition in das Unternehmen hinaus erwirtschaften – als Dividende an das Holdfast Collective ausgeschüttet, um zur Bekämpfung der Umweltkrise beizutragen.

Es ist fast 50 Jahre her, dass wir unser Experiment des verantwortungsvollen Wirtschaftens begonnen haben, und wir stehen erst am Anfang. Wenn wir in den nächsten 50 Jahren auch nur die geringste Hoffnung auf einen lebenswerten Planeten – geschweige denn auf ein prosperierendes Unternehmen – haben wollen, müssen wir alles tun, was wir mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen können. Der Patagonia Purpose Trust und das Holdfast Collective sind ein neuer Weg, den wir gefunden haben, um unseren Beitrag zu leisten und auszubauen.

Die Ressourcen der Erde sind nicht unendlich, und es ist eindeutig, dass wir ihre Grenzen bereits überschritten haben. Aber sie ist auch widerstandsfähig. Wir sind überzeugt: Wir können unseren Planeten retten, wenn wir uns dazu verpflichten.