Lewis Arnold hat es gewagt die Frage, was Surfen für uns in Europa bedeutet, ohne Surfen zu konfrontieren. Das Ergebnis ist eigentlich genau, was wochenlange Flauten,  unangenehme Jahreszeiten und Wind Swells in uns erwecken:
Zwischen Hoffnung auf epischen Konditionen und Fernreisen um unsere Wünsche zu befriedigen, steht pure Ernüchterung - die Realität. Ausgesprochen von den hoffnungsvollsten unter uns - Groms. Ein Widerspruch der Klarheit schafft. 

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In unserem aktuellen Yearbook 2020 erzählt Lewis eine weitere Geschichte, über die Kehrseiten des Surfen. In seinem Artikel "Cancer Town - Lebenszeichen aus Death Valley", reist Lewis in die Todeszone der Neoprenindustrie und konfrontiert uns mit einer bisher verschwiegnen Wahrheit.

Es folgt ein Ausschnitt des Artikels:

Laetitia Taylor, Anwohnerin:
„Ich bin in Reserve geboren und aufgewachsen – ganz in der Nähe der DuPont/Denka-Fabrik. Als das Werk gebaut wurde, muss ich ungefähr vier Jahre alt gewesen sein. Wir waren gerade in die Nachbarschaft an der East 26th Street gezogen, wo wir auch heute noch leben. Im Prinzip bin ich mit dem wachsenden Schatten dieses wuchernden Komplexes aufgewachsen. Seit ich mich erinnern kann, war es schon immer Gesprächsthema, dass Menschen plötzlich jünger starben und all diese Krankheiten hatten. Bei meiner Großmutter wurde Knochenkrebs diagnostiziert. Es schien, als würden Menschen an Dingen sterben, von denen wir vorher nicht gewusst hatten. Und dann kam die nächste Generation und die nächsten Erkrankungen. Die Veränderung der Todesursachen und die Zunahme ungewöhnlicher Krankheiten war in unseren Gemeinden und Familien über Jahrzehnte das vorherrschende Thema. Wir alle waren überzeugt davon, dass es an den Chemikalien lag, aber wir waren machtlos. Was konnten wir schon gegen diese unbezwingbaren Firmen unternehmen? Also lebt man einfach sein Leben, blendet den Gestank aus und denkt kaum noch darüber nach, dass man jeden Tag vergiftet wird.

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Wer sich jetzt wundert, warum wir nicht einfach von hier wegziehen, versteht unsere Lage nicht. Zur Flucht fehlen uns die finanziellen Mit-tel. Fast alle, die weiterhin hier leben, tun das, weil sie nicht die Möglichkeit haben, alles zusammenzupacken und vor etwas davonzulaufen, das uns nach und nach alle umbringt. Dieser Staat schert sich nur um die Interessen des Kapitals. Entlang dieses Flusses sind wir die Ärmsten und haben somit keine Stimme. Unterdrückung hat hier Tradition. Was mit unseren Vorfahren und den Plantagen begann, wird jetzt ein-fach durch Industrieanlagen fortgesetzt.
Und wofür? Wofür müssen wir dieses ganze Leid über uns ergehen lassen? Ich bin mir relativ sicher, dass die wenigsten wirklich über die Auswirkungen der Neopren-Produktion Bescheid wissen. Die wenigsten Surfer wissen wahrscheinlich, wo das Material für die Herstellung ihrer Neoprenanzüge herkommt. Es kommt aus Louisiana, aus der ‚Cancer Alley‘. Hier sterben Menschen an giftigen Emissionen und Chemieabfällen. Menschen, die nicht weiter entfernt von einem solchen Lebensstil und vom Zugang zu solchen Freizeitaktivitäten sein könnten.“


Der ganze Artikel erschien in unserem BLUE Yearbook 2020. Gedruckt liest es sich immer noch am besten. Erhältlich hier...


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Credits

Bild und Text: 
Lewis Arnold 

Übersetzung: Jan Blaffert