Der aus Düsseldorf stammende Photograph und Filmemacher Patrick Trefz lebt in Santa Cruz, wo er unter anderem den Aufstieg und Fall seines Freundes Darryl 'Flea' Virostko hautnah dokumentierte. Auch die anderen berühmten Charaktere dieser rauen aber herzlichen Community sind down mit dem Zugezogenen. Wie um alles in der Welt konnte ein Deutscher Teil der harten "Westsiders" werden, bei denen sich alles um Respekt zu drehen scheint? Die Antwort liegt wohl auf der Hand: Weil er sich ebendiesen erarbeitet hat.


Mit seinen ungewöhnlichen Winkeln, Schwarz-Weiß-Bildern und Details stieg Trefz zu dem Mavericks-Photog auf und fungierte einige Jahre als Photochef des SURFER MAGAZINE. Sein Film Thread gilt als seltene Indie-Perle.


Nach drei Jahren Arbeit ist nun Trefz' neues Werk "Idiosyncrasies" fertig, das das Leben einiger rebellischer, kreativer Charaktere porträtiert – von Tom Curren bis zur Santa Cruz Legende Harbour Bill.



BLUE: Patrick, wie, wo und wann bist Du eigentlich zum Wellenreiten gekommen?

Patrick Trefz: Durch's Skaten! Als Teenie hab ich den Film ‚Skateboard Madness’ gesehen, in dem auf den Virgin Islands gesurft wird. Das wollte ich auch! Also sind wir am Wochenende immer aus meiner Heimatstadt Düsseldorf nach Scheveningen gefahren.  Dort sind wir bei jedem Sturm reingegangen, haben den ganzen Tag gekifft, sind breit durch Amsterdam geskatet - ein Grom-Traum!


BLUE: Was bedeutet Dir Surfen denn heute, wo du in Santa Cruz wohnst?

PT: Es ist für mich natürlich nicht mehr so unglaublich, wie früher. Aber auch heute hat es etwas Mythisches. Besonders hier oben, wo man wunderschöne Spots in der Einsamkeit findet.


BLUE: Seit wann lebst Du eigentlich in Nor Cal und wieso gerade da?

PT: Seit 1993. Ich hing damals in Costa Rica ab und traf ein paar Cool Cats aus Santa Cruz. Die meinten, es würde mir da gefallen. Ich hab's mir angeschaut und bin einfach geblieben.


BLUE: Wie entstand eigentlich der Kontakt zur Bigwave-Posse um Flea, Peter Mel, Barney Barron & Co?

PT: Ich habe schon immer fotografiert, wurde früh durch meinen Vater inspiriert. In Santa Cruz habe ich meist lieber Fotos gemacht, als selbst rein zu gehen. Ich lebte in der Westside und habe mit den Jungs von dort, zum Beispiel Randy Bonds und Tyler Smith, in der Arrow Boardschmiede Airbrushs auf die Decks gesprüht. So kam eins zum anderen und irgendwann bin ich im Boot in Mavericks rausgefahren. Es war einer dieser völlig verrückten 30 Fuß Tage. Ich habe Flea erwischt, eating it. Der Shot wurde eine Doppelseite im SURFER Magazine und das hat meine Karriere als professioneller Fotograf gestartet.


BLUE: Gab es Probleme, speziell als Deutscher, Teil der Szene zu werden?

PT: Nein, das war eine natürliche Entwicklung. Und eigentlich gab es da auch gar keinen großen Unterschied zu meiner Jugend in Düsseldorf, als wir in der Stadt skaten waren und Scheiße gebaut haben. Die gleiche Attitude ist auch hier angesagt.


BLUE: Es fällt auf, dass Du ein Faible für Porträts und Stills hast, das in der Surf-Photo-Szene ungewöhnlich ist. Ein künstlerischer Einfluss deines Vaters?

PT: Ja.


BLUE: Deine Arbeiten befassen sich mehr mit den Menschen hinter der Starmaske und mit abwegigen Charakteren als mit dem sportlichen Aspekt des Surfens. Was hältst Du vom Contest- und Pro-Surfen?

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PT: Das covert ja schon jeder. Kein Grund mich da auch noch dran zu hängen, dafür interessiert es mich nicht genug. Aber das Surfen auf diesem Level is NUTS, das ist sicher!


BLUE: Wieso kam es zum Bruch mit dem Surfer Magazine, wo Du eine Zeitlang Senior Photographer warst?

PT: Ein Gerücht. Es gab keinen Bruch.

 

BLUE: Dein erster Film „Thread“ gilt als Indie-Meisterwerk. Was passierte bei dir in den Jahren zwischen „Thread“ und deinem neuen Film „Idiosyncrasies“?

PT: Ich habe "Thread" 2007 rausgebracht und mich dann sofort an die Arbeit für "Idiosyncrasies" gemacht. Es gab keine Freizeit dazwischen, "Idiosyncrasies" hat drei Jahre gedauert...


BLUE: „Idiosyncrasies“ porträtiert außergewöhnliche Individuen. Die meisten sind für eine gewisse Störrischkeit bekannt oder haben sie sogar zu ihrem Markenzeichen gemacht. Du wirkst jedoch sehr ausgleichend und unexzentrisch. Was fasziniert dich an diesen anarchischen Charakteren?

PT: Da schätzt Du mich falsch ein. Mein Style war schon immer "idiosyncratic", eigenwillig. Ich wollte schon immer etwas außerhalb der Massensichtweise machen und wie ein Außenseiter auf die Welt schauen.


BLUE: Kannst du dir vorstellen, als Künstler thematisch von der Surfszene wegzugehen und Bilder/ Filme über eine völlig andere kulturelle Strömung zu machen? Wenn ja – welche?

PT: Auf jeden Fall! Im Moment arbeite ich an einer Doku über lokale Bio-Lebensmittelkollektive in Santa Cruz. Tomatenbauern, Fischer, Käsefabrikanten – sie alle arbeiten zusammen. Ein fantastisches Projekt, das immer beeindruckender wird, je tiefer ich recherchiere. In der Szene gibt es ein paar wirklich krasse Charaktere!


Interview: Jens Steffenhagen

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Mit solchen Mavericks-Bildern, meist aus dem Boot im Channel geschossen, machte sich Patrick Trefz in den Neunzigern einen Namen als Haus- und Hoffotograf der Big-Wave-Szene von Santa Cruz. Foto: Trefz