Lilly Longboard

Born in South Africa, raised between the oceans. Lilly von Treuenfells ist in acht verschiedenen Ländern aufgewachsen und während dessen regelmäßig mit der deutschen Nationalmannschaft um die Welt gereist. Wir trafen Lilly im Interview und sprachen über ihre Kindheit, der aktuellen Ausgangssperre auf Lanzarote und wie es zu ihrem Imagewechsel, von Profi- zur Freesurferin kam.

Hey Lilly, wo bist du gerade und wie geht’s dir im Lockdown?
Ich bin auf Lanzarote bei meiner Familie, mir geht's sehr gut, aber so langsam fällt einem die Decke auf den Kopf. Ihr könnt ja zumindest noch laufen gehen. Wir dürfen leider überhaupt nicht aus dem Haus. Eine Person darf alleine zum Einkaufen raus und du wirst angehalten und kontrolliert, ob du Einkäufe im Auto hast. Ich war seit 35 Tagen nicht mehr aus dem Haus, da ich nicht auf unser Auto versichert bin.

Ist Lanzarote ähnlich stark betroffen, wie der Rest von Spanien?



Auf Lanzarote haben wir nicht so viele Fälle, die Restrictions gelten aber nur mal in ganz Spanien. Freunde von uns wohnen in Madrid neben einem Krankenhaus, die sehen die ganzen Menschen, die reinkommen und auch die Leichenwagen, die rauskommen, da merkt man natürlich, wie schlimm die Situation ist und warum der Lockdown auch Sinn macht. Hier ist das Problem, das 90 % auf der Insel vom Tourismus leben, der momentan nicht stattfinden kann. Crazy Times!

Dürft ihr auf Lanzarote surfen gehen? 


Leider nein, wir können nicht weiter als 50 Meter vom Haus weg und die Strände sind gesperrt.
Für mich ist das gerade ein bisschen doof, weil wir momentan auch noch auf einer Baustelle wohnen. Meine Eltern sind im Januar nach Lanzarote gezogen, um das Haus zu renovieren. Jetzt wohnen wir also in der Küche und im Schlafzimmer, der Rest ist Rohbau. Wir träumen momentan täglich von dem Dream-Scenario, gemütlich auf dem Sofa sitzen zu können haha. Dafür haben wir eine Terrasse und gutes Wetter!

Geht man sich eingesperrt, auf limitierten Raum, sehr auf die Nerven?
Ich sag mal so: man lernt auf jeden Fall viel übereinander. Aber es ist auch megaschön, da ich meine Familie sonst nicht so häufig sehe. 
Mein Vater ist aber gar nicht hier. Er ist auf einem Business Trip in Curaçao hängen geblieben.

Wann denkst du, kann er zurückreisen?
Ich schätze mal Juli, wenn es gut läuft. Aber das ist sehr positiv gedacht.

Lilly Baustelle

Ausgangssperre und Rohbau auf Lanzarote

Du bist momentan bei deiner Familie auf Lanzarote, studieren tust du in London, bist geborene Südafrikanerin und zwischen Hamburg und verschiedenen Kontinenten aufgewachsen. Kannst du uns etwas Klarheit verschaffen?

Ich bin in Südafrika geboren, weil meine Eltern zu der Zeit dort gearbeitet haben. Einigen Monate später sind sie mit mir zurück nach Hamburg gezogen, wo ich den Großteil meiner Kindheit verbracht habe, bis ich neun Jahre alt war. Dann sind wir mit der ganzen Familie für ein Sabbatical Jahr nach Barbados gezogen, wo ich Surfen gelernt habe. 
Danach ging es zurück nach Deutschland, wo ich schnell wieder wegwollte, um zu surfen, obwohl ich die Stadt und die Leute super finde! Ich hatte das große Glück, das meine Eltern mich in all meinen Vorhaben unterstützt haben und ich somit mit zwölf Jahren drei Monate in Frankreich zur Schule gegangen bin. Danach ging es zurück nach Deutschland, wo mir auch schnell wieder langweilig wurde. Mit 15 bin ich dann zu einer Gastfamilie nach Costa Rica gezogen und anschließend nach Lanzarote, wo ich mein Abitur gemacht habe. 
In der Zwischenzeit sind meine Eltern nach Curaçao gezogen, wo ich dann nach dem Abitur auch hingezogen bin. Ein Jahr später ging dann schon mein Studium in London los.

Warum ging es für deine Eltern nun nach Lanzarote?



Zunächst erst mal temporär … Der Großteil unserer Freunde und Familie lebt in Europa und mit Blick auf das Alter, ist es schöner, in der Nähe zu sein.

Was machen deine Eltern beruflich, dass sie so flexibel sind?

Mein Vater arbeitet in einem Job, wo er online arbeiten kann. Dafür braucht er eben nur eine gute Internetverbindung, was sich leichter anhört, als es ist! Gute Internet Verbindungen gibt es an vielen Orten, wo es gute Wellen gibt nicht! Und meine Mutter ist Lehrerin und engagiert sich viel in Umwelt Projekten.

Wie kam es zu deiner Entwicklung von Contest- zur Freesurferin?

2017 habe ich im Wettkampf Surfen mein persönliches Ziel erreicht, als ich bei der Europameisterschaft in Norwegen auf dem zweiten Platz gelandet bin. Gleichzeitig war dies auch mein letztes Jahr im Juniorenalter. Das war für mich der perfekte Abschluss meiner Wettkampfkarriere. Zudem waren Contests nicht immer ganz so meins, da ich immer viel Druck und Stress verspürt habe. 
Ich mach aber gerne noch bei kleineren Events mit, die eine entspanntere Atmosphäre haben und es mehr um den Spaß geht.
Contest Surfen hat mir aber auch viele Möglichkeiten gegeben, wofür ich total dankbar bin. Seit 2011 war ich Teil des deutschen Juniorenteams und konnte dadurch extrem viel reisen und überall auf der Welt tolle Menschen kennenlernen, die bis heute gute Freunde sind.

Was vermisst du am meisten an den Competitions?

Die Leute! Man hat immer so viele Menschen kennengelernt und wiedergetroffen, die teilweise am anderen Ende der Welt leben. Die Community ist einfach unfassbar offen. Man kann an den ab gelegensten Orten der Welt sein und trifft immer jemanden, den man über einige Ecken kennt und mit dem man eine Leidenschaft teilt. So was kenne ich nur vom Surfen.

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Lilly Front Snap Foto

Front Side Snap in Moliets, wo Lilly als WaveTours Teamrider ihre Sommer verbringt. Foto: Marco Jørger

Wie stehst du denn zu dem ständigen Reisen, was Surfen und vor allem Contests Surfen mit sich bringt?

Das ist natürlich ein schwieriges Thema. Klar ist es schrecklich für die Umwelt und auf der anderen Seite ist man natürlich immer auf der Suche nach Wellen. Ich kann es den Profisurfern aber nicht übel nehmen, da ständiges Reisen nun mal Teil ihres Jobs ist. Es wird entschieden, wo ein Contest stattfindet und wenn man dort nicht hinfliegt, kann man auch nicht Teilnehmen und Punkte oder Geld verdienen. 
Aber ich hoffe, dass es bald eine Initiative gibt, die dabei hilft, den Carbon Footprint, der bei den Reisen entsteht, zu neutralisieren.

Gibt es eine Initiative, die du besonders unterstützenswert findest?

Ich finde, dass man vor allem die kleinen, lokalen Initiativen unterstützen sollte, die zwar nicht überall bekannt sind, aber vor Ort tolle Arbeit leisten. 
4Ocean ist eine etwas größere Organisation, die ich super finde. Deren Mission ist, weltweit Strände und Meere durch Clean Ups und anderen Initiativen von Müll und Plastik zu befreien. 
Sie machen ihr Vorhaben vor allem auch für Menschen attraktiv, die vorher vielleicht noch nicht im Sustainability Bereich unterwegs waren, indem sie Armbänder aus recyceltem Plastik verkaufen. Der Gewinn davon wird dann für Clean Ups und Spendenaktionen eingesetzt.

Du studierst normalerweise in London. Was studierst du genau und warum London? Wellen technisch ist es dort ja eher mau.

Nachdem ich mit dem Contest Surfen weitestgehend aufgehört habe, lag mein Fokus mehr auf meinem Studium als auf dem Surfen. Ich studiere am Kings College Management und Spanisch, was eine der besten Unis für Management ist, daher London. Zu Anfang habe ich mich nur aus Spaß beworben, da ich dachte, ich werde eh nicht angenommen. Nun wurde ich im Endeffekt doch angenommen und bin sehr glücklich darüber. Man kann ja auch nicht sagen, dass London eine doofe Stadt für eine 20-Jährige ist ;) Die Stadt macht schon Spaß.
Teil meines Studiums ist auch ein Auslandsjahr, welches ich in Strandnähe verbringen möchte. 
Im September geht mein Auslandssemester in Cadiz los, wo auch mein Board Sponsor Nexo sitzt und danach ist ein halbes Jahr Praktika in Südamerika geplant. Mal sehen, ob dies trotz der momentanen Lage stattfinden kann.

Warum Management und Spanisch?

Hast du schon eine bestimmte Zukunftsvision für nach dem Studium?

Ich möchte auf jeden Fall in die Management und BWL Richtung gehen (jetzt, noch, man weiß ja nie was passiert) und ich hoffe, es gibt die Möglichkeit, dies durch einen Master mit Sustainability zu verbinden. Spanisch aus dem Grund, dass mir Sprachen Spaß machen und es mir die Möglichkeit gibt, später im spanischen Raum zu arbeiten. Einen Traumberuf habe ich noch nicht vor Augen, dafür muss ich erst mal ein paar Jobs ausprobieren.

Lilly Portraet Foto

Porträt von Lena Everding

Zum Thema Sponsor, hat es mit deinem Wandel von Contest zur Free Surferin auch einen Sponsoren Wechsel gegeben?

Momentan habe ich Swox, Nexo, WaveTours und Josea Surfwear, die mich alle voll bei meinem Wechsel unterstütz haben. Teilweise handelt es sich eben auch um Lifestyle Brands, denen mein Image als sustainable Free Surferin genauso ins Konzept passt.

Wie sieht es mit Picture Organic Clothing und Talents and Pros aus, die dich in der Vergangenheit unterstützt haben?

Mit beiden Brands bin ich Anfang des Jahres happy auseinandergegangen.


Hast du momentan eine Daily Routine?



Ich versuche es. Ich muss mich momentan auf Prüfungen vorberieten und meine Schwester hat online Schule, daher wacht man zumindest früh auf. 
Meine Uni bietet außerdem ziemlich viele Sportkurse online über Zoom an. Ich mache jetzt dreimal die Woche Zumba, das ist ganz witzig. Ansonsten komme ich momentan viel zum Lesen.


Was liest du momentan, hast du eine Empfehlung?



Ich lese „The Subtle Art of Not Giving a F*ck“, sehr zu empfehlen. Super lustig geschrieben mit vielen random Vergleichen.

Was ist dein Content der Woche? 


Casa de Papel (Haus des Geldes) natürlich! Ist auch super für mich, um mein Spanisch zu verbessern. 
Und eine mexikanische Tele Novela, „La Piloto“, die ist super!! Kann ich jedem empfehlen, denn eine Staffel hat 80 Episoden à 40 Minuten, die hört nie auf!

Lieblingssurfer / Surferin?



Griffin Colapinto, Asher Pacey und Lakey Peterson, haben alle einen coolen Surf Stil.

Laura Enever hat sich im letzten Jahr ebenfalls vom Contest Surfen abgewandt und sich nun dem Big Wave Surfen gewidmet, würde das auch für dich infrage kommen?

Nein! Nein, nein, nein! Ich gucke gerne zu und bewundere diese Art von Surfen, aber nein! Bei mir geht es eher in die entspanntere Richtung, ich habe Longboarden für mich neu entdeckt. 



Vielen Dank Lilly! Möchtest du noch etwas loswerden? 


Haltet durch, Corona ist bald vorbei! #stayathome





Credits //
Fotos: Balint Hambalko, Marco Jørger und Lena Everding Balint Hambalko 

Text: Jo-Jo Alpers