Nach drei Contests, also zwei Monaten, im Zeitzonenmäßig für europäische Webcast-Zuschauer extrem ungünstig gelegenen Australien, durfte der Worldtour-Tross im Mai endlich die Sträfllingsinsel verlassen. Erstes Ziel in der Zivilisation: Rio. Ausgerechnet.

 

Denn auch wenn Brasilien dem fünften Kontinent in Sachen Lifestyle vielleicht etwas Lebensfreude voraus haben mag, so lechzten die männlichen wie weiblichen Pros (und mit ihnen wir Zuschauer) infolge der mittelmäßigen Wellen in Snappers, Margaret River und Bells Beach doch in erster Linie nach perfektem Surf. Nach hohlen, großen Barrels, die das etwas zähe Surfen der drei Points vergessen machen. Es hieß, der Forecast sehe super aus. Es hieß, die Beachbreaks rund um Rio würden feuern wie es sonst nur Frankreich vermag. Doch dann mussten wir feststellen, dass die gütige ASP unter all den Spots in Sichtweite des Zuckerhuts den Schlechtesten ausgesucht hat: Barra da Tijuca, ein Lineup, das stark an Rantum bei Lowtide erinnert.

 

Warum diese Entscheidung so gefallen ist, wird für die Öffentlichkeit nie nachvollziehbar werden. Zumal Rio der Tourstopp ist, um den sich ja eh schon die meisten Korruptionsgerüchte ranken: Dass die Tourismusbehörde der Stadt die Kosten des Events übernimmt, ist bekannt. Dass diese paar Millionen reichen, den Imageverlust, den ein fortwährend mit schlechten Wellen gesegneter Contest für das Produkt Worldtour bedeutet, aufzuwiegen, kann man sich kaum vorstellen. Alles weitere ist Spekulation...

 

Zum Sportlichen: Müsste ich heute Surflines Power Rankings schreiben, würde ich den Rio Event ausklammern. Von Josh Kerr bis Parko beschwerte sich jeder Pro mit Ausnahme des Überraschungsfinalisten Kolohe Andino über die Tatsache, dass es "reines Glück ist, wer eine surfbare Welle findet und wer nicht", so Kelly Slater, der im Halbfinale gegen Kolohe ausschied. Dieser Contest lässt sich insofern nur nacherzählen, nicht analysieren. Alles Geschwafel darüber, ob Kolohe nun endlich seine Selbstzweifel überwunden hat, ob Michel Bourez tatsächlich Weltmeister werden kann oder ob Kelly zu alt ist, da er 2014 noch keinen Contest gewann, sind Schall und Rauch.

 

Wer die Heats on Demand noch einmal anschaut, der sieht, dass viele Heats in letzter Sekunde entschieden wurden, weil plötzlich doch noch eine surfbare Welle auftauchte und der spätere Sieger richtig saß. Diese Welle wird er nicht per Willenskraft erzwungen haben - genausowenig wie Adriano eine Psychokrise anzudichten ist, weil er 25 Minuten lang ohne Score blieb, während Kelly die einzige 10 des Events surfte. "It was a wave catching contest - not a surfing contest" (Kelly Slater).

 

Nun ruhen alle Hoffnungen, endlich Wellen zu finden, die dem Anspruch der ASP, eine Tour der "Best Surfers in the Worlds Best Waves" auszurichten, gerecht werden, auf dem Südpazifk: Fiji und Tahiti sind die nächsten Stopps. Sollte es da nicht ballern, werden sich ABC und ESPN wohl gut überlegen, wie oft sie die Worldtour auf ihren TV-Sportkanälen noch ausstrahlen werden - come on you lazy islands! Get your shit together and save the ASP's ass!

 

Sportliche Details findest du in der Bildgallery und auf der ASP Website.

 

Text: Jens Steffenhagen

 Rio Hl

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So präsentiert die ASP Barra da Tijuca auf ihrer Website, andere Lineup Shots sind nicht verfügbar. In der Realität erinnerte der Spot meist an… Foto: ASP/ Smorigo

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