Es ist Freitagmorgen. Du hast Urlaub, kannst endlich ausschlafen und dann reißt dich das monotone Klingeln deines Weckers aus dem Schlaf. Du willst träumen, es reicht aber nur für die Schlummer-Funktion. In regelmäßigen Abständen bimmelt dich die Realität wieder nüchtern. Schlaftrunken gibst du irgendwann auf und starrst mit leeren Augen Löcher in die Decke - WSL Snooze Tour. 

Doch gerade als die Dreamtour ausgeträumt scheint und du dich mühsam über die Bettkante wälzt, ist der Billabong Pro Tahiti zur Stelle und katapultiert dich achtkantig zurück in die World-Surf-League-Waagerechte. Der Finals Day am Ende der Straße in Teahupoo machte den traumlosen Halbschlaf der bisherigen Saison vergessen! Es war so verdammt gut, dass ich mir die üblichen Sticheleien verkneife und mich (dieses eine Mal) Paul Speakers amerikanisiertem Statistikwahn beuge. Normalerweise sind mir diese ESPN-Zahlenspielereien schnurz, aber der Contest hatte einfach zu viel zu bieten. 

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Teahupoo enttäuscht nie: Trotz der laschen Saison auf der Südhalbkugel und mieser Vorhersagen, tischte Tahitis berüchtigtes Riff ein All-You-Can-Eat Barrel-Buffet auf: Ein perfect 20 Heat, sechs 10’s, duzende 9’s, Fotofinish Kopf an Kopf Rennen zwischen Julian, Medina und Doppel-John, eine neue Nummer 1 der Weltrangliste und die Auferstehung des Königs.

The King is dead - Ach nee, doch nicht: Robert Kelly Slater. Was kann über den Neuzeit-Poseidon überhaupt noch gesagt werden? Folgendes vielleicht: Der 44-jährige 11-fache Weltmeister knackte seinen eigenen Rekord und holte sich den 55. Sieg seiner Karriere. Im gesamten Contest brachte er vier 10’s auf die Anzeigetafel, drei davon am Finaltag, wiederum zwei davon im selben Heat. Sein durchschnittlicher Heat-Score lag bei über 19 Punkten. Er stand einen aberwitzigen Air-Drop, zwängte sich um Haaresbreite an der Guillotine vorbei und wurde vor den ungläubigen Blicken der Channel-Tribüne wieder ausgespuckt - Direkt in die Top 10 der Weltrangliste, nachdem er im Finale seinen rechtmäßigen Thronnachfolger John John im Comboland versauern ließ. Und das alles innerhalb von knapp sechs Stunden, in vintage Kelly-Style auf seiner kleinen 5’11 Banane. Slater wirkte wie ausgewechselt: entspannt, motiviert, hungrig. Der König ist zurück und schielt schon wieder in Richtung Titel. Weit entfernt, doch nicht unmöglich - falls die Wellen mitspielen…

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John John vs. Medina: Heat des Tages, Heat des Events, Heat des Jahres. Freesurf-Gott gegen Contest-Maschine. Regular gegen Goofy. Die aktuell besten Wellenreiter des Planeten feuerten sich die Punkte nur so um die Ohren. Gabriel zieht durch ein Hydro-Kunstwerk: 10. Die nächste Welle ist größer, fieser und John tankt sich wer weiß wie durch: 9.93. Das Dauerfeuer ging bis zum Schluss weiter, als John Hals über Kopf in die nötige 9.7 segelte und den Heat mit 19.66 gegen 19.23 gewann. Damit ist das Hypebiest aus Hawaii die neue Nummer 1 der Welt, doch Medina ist ihm dicht auf den Finnen. In den gemeinsamen vier Jahren auf der Tour trafen die beiden 14 Mal aufeinander. John kann nur hoffen, dass er mit diesem wichtigen Sieg den bisherigen Trend beendet, denn es steht 10 zu 4 für Gabriel. Trotz des 71% Vorteils für den Brasilianer, werden die restlichen vier Tourstopps eine verdammt knappe Nummer: Vom Trestles Skatepark, bis zu Johns Hinterhof Pipeline, haben beide in den vorherigen Jahren kaum Schwächen gezeigt - und das dürfen sie auch dieses Jahr nicht, da beide schon zwei 13er Platzierungen auf dem Konto haben und Slater gerade Anlauf nimmt. 

Matt Wilkinson: Ach ja, den gibt’s ja auch noch. Was muss die aktuelle Nummer 2 der Weltrangliste eigentlich zustande bringen, um endlich ernst genommen zu werden? Von sämtlichen Experten als Eintagsfliege abgestempelt, wird Wilko in den Titel-Diskussionen komplett ignoriert. ,,Du hattest deinen Spaß, aber jetzt mach gefälligst Platz.’’. Die kommenden Events sind nicht unbedingt seine Stärke, aber wer weiß - vielleicht packt er in Frankreich wieder den Nippel-Neo aus und mischt das Rennen noch mal auf.

In knapp zwei Wochen geht’s in Trestles weiter und endlich (!) kommt Vorfreude auf. 

The dream tour is back!