Seit zehn Jahren eröffnet der Quik Pro an der Gold Coast die WCT Saison. Business as usual - nur dass es diesmal einige Neuerungen gab, die sich ungewohnt fremd anfühlten:

Amtierender Weltmeister und Quik Pro Titelverteidiger ist ein Brasilianer, Gabriel Medina. Die ASP heißt nun WSL. Und als Fieldreporterin berichtet mit Chelsea Carnell eine Art Sportmoderatorin von der Wasserkante. Diese Punkte mögen neu sein, überraschend kommen sie nicht. Der "Brazilian Storm" ist schon seit Jahren angekündigt, mittlerweile sind acht (!) Brasilianer auf der Worldtour. Und das die ASP/WSL alles tun wird, um das Wettkampfsurfen im Gewand einer klassischen (amerikanischen) Sportart zu präsentieren, das haben die Besitzer des Verbandes, die ZoSea Media Holding, nie bestritten.

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Es war klein. Wirklich klein. Wenn eine Welle Tour-Rookie Keanu Asing bis zum Bauch geht, dann ist es offiziell Kniehoch. Foto: WSL

Dane Reynolds Quiksilver Pro Goödcoast 2015

 

Doch egal, wie sehr der neue Name World Surf League die Strukturen für den Nichtsurfer vereinfacht und völlig gleichgültig, ob Chelsea Carnell die weibliche Reinkarnation von Joey Turpel ist - letztenendes sind die Athleten, die die Lücken zwischen den Werbeblöcken füllen sollen, immer noch Surfer.

 

Und als Surfer wollen sie vernünftige Wellen haben, denn sonst geht die Rechnung "Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht" nicht auf. Doch Wellen waren Mangelware in Snapper Rocks. Zumindest im Rahmen der 11-tägigen Waitingperiod. Eine Woche vorher pumpten Snappers und Kirra noch, nach dem ersten Contesttag zog jedoch die große Flatness über den Ostpazifik. Das zerrte an den Nerven aller Beteiligten: Kieren Perrow sah von Tag zu Tag zerknitterter aus, wenn er morgens tapfer so tat, als hätte sich das Kommitee die Entscheidung nicht leicht gemacht, müsse aber nach eingehender Beratung leider einen Layday ausrufen - während im Hintergrund Kleinkinder in den knöchelhohen Wogen planschen. Dieses Ritual gehört sicherlich zu den vielen Klötzen, die die WSL auf ihrem Weg zu Ruhm und Reichtum durch eine professionellere Präsentation mit sich schleppt.

 

Ein anderes Hindernis bei der Mainstream-Vermarktung sind die Surfer selbst. Als der Contest schließlich dank einer Verlängerung der Austragungszeit wiederaufgenommen wurde, regierten die Aggressionen.

 

Freddy Patacchia, Gabriel Medina und Josh Kerr erinnerten die Zuschauer daran, dass Surfen mal als wild und anarchisch galt. Kerr machte den Anfang und schlug wie ein Wahnsinniger auf sein wehrloses Brett ein, nachdem er in der dritten Runde gegen Miguel Pupo rausgeflogen war. Den coolsten Trick zeigte kurz darauf Freddy P., der nach einem Heattotal von 1.37 Punkten alles auf eine Karte setzte - und sein Brett per Chophop absichtlich auf die Felsen rammte.

 

Einen klügeren, lustigeren und vernichtenderen Kommentar zu der würdelosen Veranstaltung, die ein Surfcontest ohne Wellen darstellt, habe ich noch nie gesehen. Es folgte Medina, der nach einer Interference Glenn Hall unterlag. Im Post-Heat Interview ließ er Reporter Pete Mel wissen: " If Glenn Hall says Fuck You to me again, I will teach him some..." Dabei war es nicht die Androhung von Schlägen, die den Skandal ausmachte, sondern die Tatsache, dass er das Wort Fuck in ein Mikrofon sprach. Was für eine heuchlerische Aufregung in einem Land, indem vom Premierminister bis zur Bäckerin JEDER ein gesäuseltes "fuckin..." als Betonung seiner Ansichten zu schätzen weiß. Egal, schließlich war dieser Zwischenfall mit Abstand das Aufregendste der zähen 13 Tage und insofern dürfte sich auch die WSL heimlich über Gabriels Auftritt gefreut haben - lenkte sie doch von den auch am Finaltag öden Wellen ab. 

 

So kann es nicht weitergehen, Poseidon! Kaum einer mag die WSL und ihre Ziele, aber Totalverweigerung ist auch keine Lösung.

Hoffen wir auf Bells und darauf, dass dort ein neuer "Swell from Hell" (wie damals, bei Occy vs. Curren!) aus der Antarktis angerauscht kommt und den Brazilian Storm mit seinen hektischen Leichtgewichten erstickt und den wundervollen Carves von Jordy, Parko, Julian Wilson - meinetwegen sogar Fanning eine Leinwand bietet. Ich kann das Gewackel nicht mehr sehen, progressiv my ass.

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